Der Berlin-Gipfel kann als Erfolg gewertet werden: Die in den Konflikt verwickelten Staaten einigten sich auf eine Einhaltung des Waffenembargos und ein Ende der militärischen Unterstützung für die Bürgerkriegsparteien in Libyen. Nie zuvor in dem seit acht Jahren andauernden Krieg haben sich alle ausländischen Akteure auf so weitreichende Vereinbarungen verpflichtet.
Das wirkt auf die Menschen im Land: Sehnsüchtig hoffen sie auf Frieden. Das haben die Fernsehbilder gezeigt.
Aber noch bleibt der Berlin-Gipfel die Antwort schuldig, wer für die Einhaltung des Waffenembargos sorgt. Wenn sich das 55-Punkte-Papier, das in Berlin verabschiedet wurde, nicht als zahnloser Tiger erweisen soll, muss gleichzeitig ein Mandat zur Durchsetzung der Beschlüsse vergeben werden. Ob von der EU oder den Vereinten Nationen kontrolliert, sei dahingestellt.
Zweifel am Erfolg des Gipfels
Zwar haben die Türkei und Russland mehrere Hundert Soldaten in Libyen; die Europäer aber schreckten bisher stets vor der Entsendung eigener Soldaten in das Chaos-Land zurück, zu groß schien das Risiko, die eigenen Truppen in eine Gewirr von bis an die Zähne bewaffneten und kampferfahrenen Milizen zu schicken.
Zweifel am Erfolg des Gipfels sind vor allem angebracht, was die innenpolitischen Verhältnisse anbelangt. General Chalifa Haftars Wille, die Kontrolle über das Land mit Waffengewalt zu übernehmen, scheint unerschütterlich. Libyen-Experten zufolge ist momentan nicht zu erkennen, was ihn davon abhalten sollte. Die wenig einflussreiche Regierung unter Premier Fayiz as-Sarradsch jedenfalls nicht.
Der Gipfel machte auch deutlich, wie sehr die involvierten Staaten eigene Interessen in Libyen verfolgen. Es geht um die Sicherung der reichhaltigen Öl- und Gasvorkommen. Und es geht um die Sicherung der Seegrenze. Die Europäer befürchten, es könnten noch mehr Menschen über das Mittelmeer fliehen.
"KZ-ähnliche Verhältnisse"
Die libysche Küstenwache kontrolliert dort zwar im Auftrag der EU – aber es ist nicht einmal klar, welchen De-facto-Machthabern diese Einheiten unterstehen.
Tausende von Menschen leben unter schrecklichen Bedingungen in den Flüchtlingslagern und Gefängnissen. Selbst die Bundesregierung spricht von "KZ-ähnlichen Verhältnissen". Man kann die gesunkene Zahl an Asylanträgen in Europa nicht als Erfolg verkaufen, während zur gleichen Zeit die Menschen in Libyen den höchsten Preis dafür bezahlen. Europa muss endlich den Weg zu einer auf Menschenrechten basierenden und humanitären gemeinsamen Außenpolitik finden.