Bescheidenheit, so scheint es, war nicht die Zier des Weltkonzerns. "Where creative chemistry works wonders for you" ("Wo kreative Chemie für Sie Wunder vollbringt") war im Jahr 1956 ein Slogan, mit dem das US-amerikanische Unternehmen Monsanto für seine Produkte warb. In seiner 117-jährigen Firmengeschichte schaffte es zumindest ein Wunder in eigener Sache, indem es sich vom Hersteller des künstlichen Süßstoffs Saccharin zum Weltmarktführer für Agrarchemie und Saatgut wandelte. Ob Unkrautvernichtungsmittel oder schädlingsresistente Pflanzen – an Monsanto führte in der globalen Landwirtschaft zuletzt fast kein Weg vorbei.

Wie kaum ein anderer Weltkonzern stand Monsanto seit Jahren international im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik. Monsanto galt als Synonym für rücksichtslosen Einsatz von Chemie auf den Feldern – der Streit um die tatsächlichen Gefahren des Pflanzenschutzmittels Glyphosat ist nur ein Beispiel – und für, gelinde gesagt, fragwürdige Geschäftsmethoden im Umgang mit den Abnehmern von patentiertem Saatgut. Der Vorwurf, dass Landwirte durch "Knebelverträge" quasi zu Leibeigenen des Konzerns gemacht worden seien, ließ sich nie ganz aus der Welt schaffen.

Am 7. Juni endete diese unheimliche Erfolgsgeschichte mit einem – wie sollte es auch anders sein – rekordverdächtigen Deal: Für 54 Milliarden Euro übernahm der deutsche Bayer-Konzern das Unternehmen, muss jedoch das Geschäft mit Saatgut an den Konkurrenten BASF abtreten. Der Name Monsanto, der in den letzten Jahren oft mit dem raunenden Unterton eines "Gottseibeiuns" ausgesprochen wurde, wird getilgt. Der Neustart, so die allgemeine Lesart, soll möglichst unbelastet von der Vergangenheit vollzogen werden.

Den neuen Eigentümern steht nicht nur ein finanzieller und unternehmerischer Kraftakt bevor. Unter neuem Etikett existieren die umstrittenen Produkte, die zum Teil für das Artensterben verantwortlich gemacht werden, vorerst weiter. Ebenso gelten bis auf Weiteres die Verträge, mit denen sich Bauern an das exklusive Saatgut und dessen Verwertung gebunden haben.

Unter den kritischen Augen der Öffentlichkeit müssen sich Bayer und BASF als neue Weltmarktführer auch daran messen lassen, ob sie bereit sind, ihren Kunden mehr Spielräume und Verantwortung zu überlassen. Und ob sie offensiv und transparent daran arbeiten wollen, ihre Produkte mehr als bisher auf den ökologischen Prüfstand zu stellen. Ganz im Sinn eines Monsanto-Werbespruchs von 2009: "Food – Health – Hope". Nahrung, Gesundheit, Hoffnung.

Für Wunder sollen, bitte schön, andere Mächte zuständig sein.