54 Jahre sind eine lange Zeit und es gibt wohl kaum einen Themenbereich, den Lothar Böhm in seiner Eigenschaft als Kirchenvorsteher nicht schon miterlebt oder diskutiert hat – angefangen von der erstmaligen Wahl von Frauen in den Kirchenvorstand bis hin zur Frage, ob Münchberg eine Pfarrerin bekommen soll. Doch ein Bereich zog sich durch wie ein roter Faden: die Sanierung der Münchberger Stadtkirche.

Als Böhm neu in den Kirchenvorstand kam, war die Renovierung der Kirche gerade abgeschlossen und jetzt, am Ende seiner Tätigkeit, wird die Stadtkirche noch einmal saniert. Lothar Böhm ist ein ruhiger, freundlicher Mann, der fest im Glauben steht und dem seine Gemeinde am Herzen liegt. Schon als Grundschüler hat er regelmäßig den Kindergottesdienst besucht und erinnert sich noch gerne an die wöchentliche Jungscharstunde beim CVJM. "Der Ablauf war immer gleich: Erst gab es eine spannende Geschichte, dann Spiele im Freien oder im Haus und zum Schluss eine Andacht", erzählt Böhm, "toll waren auch immer die Sommerfreizeiten im Zeltlager und mit Feldbetten."

Die Zeit als Lehrer hat ihn geprägt

Selbst während seines Grundschullehramtsstudiums in Bayreuth blieb er dem CVJM treu und war später viele Jahre erster Vorsitzender des Vereins. Die Zeit als Lehrer war für Lothar Böhm ebenso turbulent wie abwechslungsreich und hat ihn sehr geprägt. Sein Jahr als Lehramtsanwärter verbrachte er an der Kreuzbergschule Münchberg, ehe er an die damals einklassige Schule in Kornbach und schließlich an die Volksschule Gefrees wechselte. Er wurde Seminarleiter in Naila und Münchberg-Poppenreuth, später Rektor und wurde dann von 1978 bis 1981 an die Regierung von Oberfranken berufen, wo er nach einer Zeit als Schulrat in Hof zunächst als Sachgebietsleiter und dann als Leiter des Schulamtes wieder zurückkehrte. 2003 trat er schließlich in den wohlverdienten Ruhestand und konnte sich ganz seinem Engagement im Kirchenvorstand und als Prädikant widmen.

Zum ersten Mal wurde Böhm als junger Lehrer 1964 in den Kirchenvorstand gewählt. "Damals hieß es, der Kirchenvorstand soll jünger werden", sagt er heute lachend, "und jetzt bin ich erst im November mit 80 Jahren ausgeschieden." Vieles hat sich in den 54 Jahren, in denen er das kirchliche Leben in der Stadtkirchengemeinde Münchberg mit bestimmte, geändert. Da waren zum Beispiel die Einrichtung von Vertrauensleuten, die Einführung von eigenen Sakramentsgottesdiensten, die Kleidung der Konfirmanden und nicht zuletzt auch die Atmosphäre in den Kirchenvorstandssitzungen: Hat man früher als Kirchenvorsteher noch ehrfurchtsvoll zum Pfarrer aufgeblickt, ist heute alles von einem freundschaftlichen Miteinander geprägt.

Liturgie wurde ihm wichtig

Ein wesentliches Anliegen war Lothar Böhm in erster Linie die Jugendarbeit, aber auch der Gottesdienst. "Als Jugendliche haben wir oft nicht verstanden, warum es eine Liturgie gibt, und wollten Änderungen", erzählt Böhm, "heute sehe ich das ganz anders, ohne liturgische Elemente wäre der Gottesdienst eintönig. Denn unsere lutherische Kirche ist eben nicht nur eine Wort-Kirche." Es versteht sich beinahe von selbst, dass der engagierte Kirchenvorsteher und Lehrer oft die Lesung im Gottesdienst übernommen hat. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Als eines Tages der Pfarrer auf einen Gemeindeausflug mitfahren musste, sagte er zu Lothar Böhm: "Sie sind doch Lehrer, Sie können lesen." Und schon stand Böhm als Lektor auf der Kanzel und durfte einen ganzen Gottesdienst halten. Nach einem Lehrgang für Liturgie am Hesselberg wurde er dann im Jahr 2000 offiziell zum Prädikanten bestellt, eine theologische Ausbildung hatte er bereits im Rahmen seines Lehramtsstudiums genossen.

Ans Aufhören denkt der Prädikant noch lange nicht: Nach Vollendung des 77. Lebensjahrs wurde seine Tätigkeit noch einmal verlängert und einer weiteren Verlängerung steht wohl nichts im Wege. Auch wenn Lothar Böhm neuen Gottesdienstformen durchaus offen gegenübersteht, wünscht er sich für die Zukunft den Erhalt des klassischen G1-Gottesdiensts, aber auch eine gelungene Ökumene. Hier hält er es wie ein ehemaliger Münchberger Dekan, der sich mit seinem katholischen Kollegen regelmäßig zum Skat-Spielen traf und der einst sagte: "Wir sind zwar durch einen Zaun getrennt, aber wir reichen uns rüber wie nüber die Hand."