Ali Sharifi flüchtete vor drei Jahren aus seinem Heimatland Afghanistan nach Deutschland. Inzwischen spricht der 19-Jährige perfekt Deutsch, hat mehrere Praktika in sozialen Einrichtungen gemacht und gemerkt: Vor allem die Arbeit mit alten Menschen macht ihm Freude. Sein Traum ist es, als Altenpfleger zu arbeiten. Auch Farid Shinwarai lebt seit 2015 in Deutschland und hat keine Sprachprobleme mehr. Ebenso wie Ali Sharifi möchte der 21 Jahre alte Shinwarai eine Ausbildung zum Altenpfleger machen. Er hat sogar schon einen Ausbildungsvertrag.

Gefangen im bürokratischen Teufelskreis

Zwei junge Männer also, die Deutschland gut gebrauchen könnte. Bekanntlich mangelt es überall an qualifiziertem Pflegepersonal. Aber: Sowohl Ali Sharifi als auch Farid Shinwarai dürfen ihre Ausbildung nicht antreten. Ihre Asylanträge wurden vom Bundesamt für Asyl und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt, bei beiden läuft noch ein Klageverfahren. Und nun sind sie gefangen in einem bürokratischen Teufelskreis.

Als sie ihren Asylantrag stellten, gaben beide jungen Männer ihre Tazkira, also ihr afghanisches Identitätsdokument, ab. Ali Sharifis Dokument liegt seit mehreren Monaten beim BAMF, dort soll die Echtheit der Tazkira überprüft werden. Gleichzeitig verweigert ihm die Zentrale Ausländerbehörde Bamberg bisher die Arbeitserlaubnis. Begründung: Seine Identität sei nicht geklärt, weil er keinen Reisepass habe. Um diesen beim afghanischen Konsulat zu beantragen, bräuchte er aber seine Tazkira - die, wie erwähnt, beim BAMF liegt.

Ähnlich ist die Situation bei Farid Shinwarai: Als er bei der Zentralen Ausländerbehörde Bamberg eine Ausbildungsgenehmigung beantragte, ordnete die Behörde an, die Echtheit seiner Tazkira zu überprüfen - obwohl er sie schon vor zwei Jahren in Unterfranken, wo er damals lebte, überprüfen ließ. Es ist dasselbe Spiel wie bei Ali Sharifi: Ohne Tazkira kein Reisepass, ohne Reisepass keine Ausbildungsgenehmigung. "Wir dürfen nicht arbeiten, sondern nur zu Hause sitzen", beklagt sich Ali Sharifi. Farid Shinwarai meint mit Blick auf seine angestrebte Ausbildung: "Meine Motivation geht langsam verloren."

Betriebe warten dringend auf Fachkräfte

Doch Frust und Ärger herrschen nicht nur bei den beiden Afghanen, sondern auch in den Betrieben, in denen sie arbeiten wollen. Shinwarai hat einen Ausbildungsvertrag mit dem Bamberger Seniorenheim Wilhelm Löhe, das zur Diakonie gehört. Pflegedienstleiter Kurt Ochs sagt: "Das kann doch nicht sein. Ich kann das einfach nicht glauben." Ochs, seit 30 Jahren im Pflegebereich tätig, bezeichnet die Personalsituation in dem Heim als "extrem angespannt". Und trotzdem darf er einen motivierten jungen Mann, den er lange kennt und schätzt, nicht einstellen.

Um wenigstens etwas Sinnvolles zu tun, gehen Sharifi und Shinwarai in die Evangelische Berufsfachschule in Bamberg, die für den theoretischen Teil der Ausbildung zuständig ist. Für den Schulbesuch brauchen sie keine Genehmigung. Ihre Lehrerin Ulrike Sänger sagt über die beiden: "Sie könnten die Ausbildung problemlos machen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, ihnen die Erlaubnis zu verweigern." Für die beiden jungen Männer ist der Unterricht eine willkommene Abwechslung von ihrem ansonsten tristen Alltag.

Aber was nützt es, wenn sie das Erlernte nicht anwenden können? Das Ausbildungsjahr hat im September begonnen. "Es muss schnell etwas passieren", sagt Ulrike Sänger. "Sonst können die beiden den Rückstand nicht mehr aufholen." Laut dem Bayerischen Innenministeriums dürfte es Fälle wie die von Ali Sharifi und Farid Shinwarai eigentlich nicht geben.

"Ein Nachweis der Identität kann sich grundsätzlich aus jedem amtlichen Dokument des Herkunftsstaats ergeben, aus dem zumindest Name, Vorname, Geburtsdatum und Lichtbild zu entnehmen sind und an dessen Echtheit und inhaltlicher Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen", teilt die Pressestelle des Ministeriums auf epd-Anfrage mit. Name, Vorname, Geburtsdatum und Lichtbild: Über all das verfügt auch eine afghanische Tazkira. Weiter schreibt die Pressestelle des Innenministeriums: "Es gibt in der Tat individuelle Gründe, (...) die es unmöglich machen, dass jemand unser Land freiwillig verlässt oder abgeschoben werden kann. Dann ist es sicherlich besser, man ermöglicht diesen Menschen zu arbeiten, statt herumzusitzen. Die Mitwirkung an der Klärung der eigenen Identität aber hat grundsätzlich jeder selbst in Hand."

Ali Sharifi und Farid Shinwarai hoffen nun, dass auch das BAMF und die Ausländerbehörde ihren Teil beitragen - und für sie selbst die Zeit des erzwungenen Herumsitzens ein Ende findet