Was Würzburger Forschende diesen Juli veröffentlichten, ernüchterte: Das als "Wundermittel" gegen Covid-19 gepriesene Wurmmittel Ivermectin vollbringt wohl doch keine Wunder. Studien hätten zwar "scheinbar große Effekte" gezeigt, einer wissenschaftlichen Überprüfung hielten diese aber nicht stand. Die Studien mögen nicht perfekt sein, entgegen drei Ärzte aus Bayern, die Ivermectin einsetzen. Die drei Praktiker aber sagen: Das Mittel wirke - früh eingesetzt - sehr gut.

Internist aus Nordbayern setzt das Wurmmittel erfolgreich ein

Über die Frage, ob Ivermectin bei Covid-19 nahezu unwirksam, ob es gar gefährlich oder ob es im Gegenteil ein "Game-Changer" ist, scheiden sich die Geister. Laut Robert Koch-Institut gibt es keinen Hinweis auf eine Effektivität. Ein Internist aus Nordbayern, der aus Angst vor Nachteilen nicht mit Namen genannt werden will, setzt Ivermectin trotzdem ein. 15 Patienten habe er es bisher zusammen mit Vitamin D und Zink gegeben, allen sei es wenige Tage später wieder gutgegangen, sagt er.

Berichten von Infizierten, die dank Ivermectin schnell genesen, steht der Würzburger Tropenmediziner August Stich äußerst skeptisch gegenüber. Wahrscheinlich wäre es den bisher behandelten Patienten aufgrund milder Verläufe auch nach einer Placebo-Gabe rasch wieder gutgegangen, sagt er. Das verneint der Internist. Eine von ihm behandelte, 85-jährige, mehrfach vorerkrankte Patientin, sei wenige Tage nach Ivermectin-Gabe genesen, ihr Schwiegersohn starb an Covid-19, beide Töchter mussten in die Klinik.

Der Internist aus Nordbayern hat sein Medizinstudium in der DDR absolviert. Das betont er deshalb, weil er weiß, dass er aufgrund seiner Sozialisierung "anders" ist als viele seiner Kollegen. Die, sagt er, orientierten sich meist allein an dem, was ärztliche Vereinigungen und Fachgesellschaften raten. Doch von dort gebe es keinerlei Hinweise auf Ivermectin. Über "alternative Medien" sei er auf das Antiparasitikum aufmerksam geworden. Denn eigentlich ist Ivermectin ein Mittel gegen Wurmbefall.

Der Einsatz von Ivermectin erhält auch in der CSU-Landtagsfraktion Unterstützung

Betroffenen zufolge ist es eine einzige Qual, an Covid-19 mit schwerem Verlauf zu erkranken. Tobias Reiß, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion, ist inzwischen überzeugt, dass man dem Großteil der Patienten diese Qual mit Ivermectin ersparen könnte. Er informierte sich in den vergangenen Monaten bei Ärzten, die Ivermectin einsetzen. Werde das Mittel bei Auftreten der ersten Symptome verabreicht, könne es "die Sterblichkeit um fast 75 Prozent verringern", sagt Reiß.

Der CSU-Mann verweist darauf, dass diese Zahlen von "international renommierten Ärzten" stammen, nicht etwa von Scharlatanen. Angesichts steigender Infektionszahlen müsse "alles getan werden, um das Ruder endlich herumzureißen". Dass dies nicht geschieht, macht Tobias Reiß fassungslos: "Wir setzen die Qualitätsansprüche an Studien über das Leben."

Ivermectin soll als ein "Entwicklungsland-Medikament" einfach nicht erfolgreich sein, sagt ein weiterer Arzt, der mit Ivermectin behandelt. Der Mediziner, der ebenfalls nicht namentlich genannt werden will, hat inzwischen 40 sehr schwer an Covid-19 erkrankte Patienten mit Ivermectin behandelt. Einige starben dennoch. Allerdings hätten weit mehr Patienten überlebt als dies sonst bei schwersten Verläufen der Fall sei. Dass der Einsatz nicht bei allen seiner Patienten ein Riesenerfolg gewesen war, verwundert den Arzt nicht. Ivermectin hilft auch nach seinen Worten nur dann sehr gut, wenn es sofort verabreicht wird, erläutert er.

Kritik an Skeptikern des Wurmmittels

Mediziner, die Ivermectin aus eigener Praxis kennen, kommen offenbar zu anderen Einschätzungen als Kollegen, die Studien analysieren oder sich auf Expertenmeinungen stützen. Peter Schleicher, Immunologe aus München, ist ebenfalls von Ivermectin überzeugt. Hat ein Patient seiner Privatpraxis Corona-Symptome und einen positiven PCR-Test, gibt er ihm neben Zink, Vitamin C und D sofort auch Ivermectin: "Das habe ich inzwischen etwa 60 Mal gemacht." Alle Patienten hätten sich rasch erholt.

Dass Ivermectin ignoriert wird, habe möglicherweise politische Gründe, vermutet Schleicher. Würde der Nutzen belegt, könnte die ohnehin schon stotternde Impfkampagne final ins Schleudern gebracht werden. Im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh werde Ivermectin seit Monaten eingesetzt. Seit Juli sei dort fast niemand mehr an Covid-19 gestorben, sagen die Befürworter. Die WHO und auch die amerikanische "Foods and Drugs Administration" allerdings raten Medizinern weiterhin davon ab, das Mittel zu verschreiben.

Mit Ivermectin könnte man das "Joch der Virenherrschaft" abschütteln, ist Immunologe Schleicher überzeugt. Kritiker verweisen auf die Nebenwirkungen des Medikaments: Laut der RKI-Fachgruppe COVRIIN, die Arznei-Therapien bei Covid-19 bewertet, besteht "das Risiko der schwerwiegenden Toxizität bei unkontrollierter Anwendung". Schleicher kann das nicht nachvollziehen: "Ivermectin zählt zu den sichersten Medikamenten der Welt, es hat weniger Nebenwirkungen als Aspirin."