Herr Schleier, als Sie vor 14 Jahren ans EBZ kamen – wie haben Sie es angetroffen?

Gerhard Schleier: Ein gut besuchtes Tagungshaus namens "Landvolkshochschule", die höchst lebendige Evangelische Landjugend und eine sehr erfolgreiche Jugendwerkstatt – und eine Konstellation mit den Häusern in Bad Alexandersbad und Hesselberg, wo intensivere Zusammenarbeit angesagt war. Es kamen in Jahresfrist neue Kollegen als Leiter der jeweiligen Schwesterhäuser und wir hatten diesbezüglich einen klaren gemeinsamen Auftrag. Baulich war das Pappenheimer Haus an vielen Stellen an der Grenze des Erträglichen – ein Ergebnis der heftigen Sparmaßnahmen nach den ersten Kürzungsaktivitäten der Landeskirche in den Jahren 2002/2003. Seit dieser Zeit waren die Perspektiven sehr unklar, es schwebte ständig das Damoklesschwert der Schließung über Pappenheim. Und dies auf dem Hintergrund einer einerseits sehr guten Auslastung, andererseits aber einer deutlichen Unterfinanzierung. Das galt es erst einmal zu verstehen und aufzufangen.

Wie konnten Sie sich motivieren, hier neuen Schwung rein zu bringen?

Gerhard Schleier: Meine Motivation waren vor allem zwei Dinge: Zum einen habe ich ein super Arbeitsklima unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angetroffen, was bis heute so ist. Unsere Leute machen einen "120-prozentigen" Job, sie arbeiten gut zusammen, sind gastfreundlich und geben ihr Bestes. Zum anderen habe ich schnell verstanden, dass Fehleinschätzungen über die Legitimation des Hauses verbreitet waren. Wenn man genauer hinschaute, musste man zugeben, dass es völliger Unsinn ist, über die Schließung eines Hauses nachzudenken, das sehr gut wirtschaftet. Da hat mich dann der Ehrgeiz gepackt. Und wenn man die neuesten Entwicklungen ansieht – es gab ja vor kurzem den landeskirchlichen Analyseprozess für die Tagungshäuser – da hat Pappenheim in vielen Rubriken vorderste Plätze belegt. Somit gehören wir jetzt zu den Häusern, die nicht in Frage gestellt werden und eine mittelfristige Perspektive bekommen.

 Wo liegt im Kanon der evangelischen Tagungshäuser in Bayern das Besondere von Pappenheim?

Gerhard Schleier: Da denke ich an Aussagen von Menschen. Es gibt Gäste, die sagen "Pappenheim ist für mich wie Heimkommen" oder "Das ist für mich eine Auszeit, die nehme ich mir". Ich spüre jedes Mal große Dankbarkeit, dass die Gäste sich so herzlich willkommen geheißen fühlen. Diese Rückmeldungen motivieren das Personal, von der Rezeption über das Tagungsbüro und der Küche bis zu den Reinigungskräften. Es geht oft genug gar nicht darum, wie ein Gästezimmer oder ein Seminar gestaltet ist, sondern um die Atmosphäre, die hier erlebt wird. Wir haben viele Gäste, Einzelpersonen oder feste Gruppen, die seit Jahren immer wiederkommen. Familien, die eine große Familienfeier haben, halten diese nicht in irgendeinem Hotel oder Wirtshaus ab, sondern kommen nach Pappenheim. Das hat ganz viel mit der Wohlfühl-Atmosphäre bei uns zu tun.

Herr Söllner, als Sie vor fünf Jahren als Leiter der Verwaltung hierherkamen, zeichnete sich gerade die Coronakrise ab – also auch denkbar schlechte Voraussetzungen für einen Start. Wie haben Sie, ähnlich wie zehn Jahre zuvor Kollege Schleier, das Beste daraus gemacht?

Christian Söllner: Für jemanden, der für die Verwaltung zuständig ist, waren der Umgang und die Folgen der Corona-Pandemie natürlich kein Spaß. Im Leitungsteam, zu dem ich von Anfang an gehört habe, stellte sich die Frage, wie man diese Ausnahmesituation übersteht. Wir mussten uns beispielsweise mit dem Beantragen von Kurzarbeit beschäftigen und vielfältige Hilfspakete bearbeiten. Glücklicherweise verfügen wir im Verwaltungsbereich über ein sehr gut funktionierendes Team – das Bewältigen der Herausforderungen hat uns noch enger zusammengebracht. Das ist eine Vertrauensbasis, die mich immer noch trägt. Sie ist Teil meiner Motivation, den nächsten Schritt zu gehen.


Was hat sich im Laufe der vergangenen Jahre in der Struktur des EBZ geändert?

Christian Söllner: Im Rahmen des Restrukturierungsprozesses kam vieles im Trägerverein in Bewegung: Das Bildungshaus in Bad Alexandersbad arbeitet mittlerweile in einer eigenen Organisationsstruktur. Auch die Evangelische Landjugend (ELJ) ist seit dem 1. Januar 2024 selbständig. Sie hat allerdings weiterhin ihre Landesstelle in Pappenheim und wir arbeiten eng zusammen. Unser Trägerverein konzentriert sich nun auf die Profilschärfung und Nutzung der Synergieeffekte der beiden Standorte am Hesselberg und in Pappenheim. Gute Erfolge gibt es bereits auf der Ebene der Verwaltung, etwa bei Vertretungslösungen. Im Bildungsbereich entwickeln wir uns stetig weiter und stärken die Verknüpfung mit dem Schwesterhaus.

Was kommt konkret auf Sie Neues hinzu?

Christian Söllner: Bisher lag mein Fokus auf Leitung und Organisation von Verwaltungsabläufen. Durch die Übernahme der Einrichtungsleitung bekomme ich neue Aufgaben hinzu, die meinen Arbeitsalltag verändern. Die beiden Leiter der Bildungs- und Tagungszentren sind gleichzeitig Vorstände des Trägervereins. Ich trage somit mit der Vorstandsbeauftragung fortan die kaufmännische und Christoph Seyler als Pfarrer die theologisch-pädagogische Gesamtverantwortung in unserem Trägerverein. Das große Ziel ist, die Verwaltung und unsere Häuser fit für die Zukunft zu machen. Digitalisierungsmaßnahmen werden ein Schwerpunkt sein. Wir haben bereits neue Systeme gemeinsam mit unserem Schwesterhaus am Hesselberg eingeführt, aber da ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.


Pappenheim und Hesselberg als Schwestern – worin liegen die Unterschiede der Häuser, wo ihre Profile?

Gerhard Schleier: Das EBZ Hesselberg ist eindeutig das Haus der Erwachsenenbildung, an dem ländliche und landwirtschaftliche Themen eine viel größere Rolle spielen als in Pappenheim. Es gibt dort einen sehr großen Kreis von Menschen aus dem landwirtschaftlichen Bereich, die früher die sogenannten "Langzeit-Kurse" besucht haben und dem Haus dadurch verbunden sind. Pappenheim dagegen hat eine lange Landjugend-Vergangenheit und ist bis heute das Haus der Jugendbildung. Obwohl auch wir eine Sparte Erwachsenenbildung haben. Aber: Über die Hälfte unserer Gäste sind Jugendliche unter 27 Jahren. Die Evangelische Landjugend ist bei uns zuhause, für die Evangelische Jugend in Bayern sind wir sozusagen das "Mutterhaus" – nicht umsonst hat die EJ ihre Weidenkirche in Pappenheim gepflanzt. Zudem gibt es nur in Pappenheim fundierte erlebnispädagogische Angebote.


Wohin geht die Reise inhaltlich bei den beiden Häusern?

Gerhard Schleier: Beide Häuser intensivieren das Thema politische Bildung mit Schwerpunkt Demokratiebildung. Am Hesselberg sicher mit dem Fokus auf Erwachsene, in Pappenheim mit dem Blick auf die Zielgruppe junger Menschen. Denn: Das EBZ Pappenheim ist seit einem guten Jahr eine anerkannte Jugendbildungsstätte im Sinne des bayerischen Jugendrings. Hier wird politische Bildung speziell für Jugendliche und junge Erwachsene mehr als bisher Einzug halten – neben den bewährten Formaten wie z. B. den Besinnungstagen. Wenn wir im Vorstand über ein Thema beraten und zu der Überzeugung kommen, das sollten wir bearbeiten, dann überlegen wir uns, welches Haus aufgrund seines je eigenen Profils welchen Beitrag dazu leisten kann.  

Trotz der allgemeinen Situation, dass alle Tagungshäuser im Blick der Landeskirche stehen und es um Geld geht?

Gerhard Schleier: Ja, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass profiliertes Arbeiten an zwei Standorten sinnvoll ist. Für Pappenheim können wir mit der Perspektive aktuell zufrieden sein, für den Hesselberg wird hier noch weitere Überzeugungsarbeit geleistet werden müssen. Wir als Verantwortliche sind uns sicher, dass beide Häuser ihren je eigenen Sinn und Notwendigkeit haben – die Tatsache, dass viele Menschen zu uns kommen, andere Häuser geschlossen wurden und wir sehr gut nachgefragt werden, ist hierfür Beleg genug.

Stehen in Pappenheim derzeit besondere Investitionen an?

Gerhard Schleier: Es gibt immer etwas zu tun. Nach der Erkenntnis vor gut 13 Jahren, dass man das Haus nicht mehr lange so führen kann, gab es eine erste Wendung von Seiten der Landeskirche. Jedes der damals noch drei Häuser hat einige Millionen Euro für Baumaßnahmen bekommen. In Pappenheim haben wir dieses Geld in den Gebäudebestand investiert: umgebaut, saniert, die Heizung grundlegend erneuert, Dämmung aufgebracht - also alles getan, womit man Einsparungen erzielen kann. Das waren Entscheidungen, die unlängst auch in dem landeskirchlichen Häuserprozess positiv bewertet wurden. Gerade die Maßnahmen in Sachen Klimaschutz wurden als große Schritte in die richtige Richtung gesehen. Aber natürlich wird in den nächsten Jahren noch einiges passieren. Denn: der Analyseprozess der Landeskirche hat nicht nur eine grundsätzliche Anerkennung gebracht, sondern auch ein regelmäßiges Baubudget ab diesem Jahr 2025. Das ist ein Riesenerfolg und auch ein Bekenntnis seitens der Landeskirche. Ich freue mich einfach, dass das viele Nachhaken und Werben für die Notwendigkeit unseres Hauses sich jetzt auch auszahlt. An den wichtigen Stellen ist die Botschaft angekommen: "Pappenheim brauchen wir".

INFO: Im EBZ Pappenheim sind zurzeit rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Im Tagungshaus gibt es 164 Betten in 85 Einzel-, Doppel- und Mehrbettzimmern. Zudem gibt es 16 Tagungsräume verschiedener Größenordnungen, sowie eine Turnhalle, Freizeiträume, einen EBZ-Laden und eine Kapelle. Im Außenbereich gibt es verschiedene Terrassen und eine Lagerfeuerstelle. Im angrenzenden Stadtwald betreibt das EBZ einen eigenen pädagogischen Hochseilgarten und bietet erlebnispädagogische Angebote, auch auf dem Wasser der am Haus gelegenen Altmühl an. Das EBZ ist aufgrund einer guten Zuganbindung bequem per Bahn erreichbar. Mehr Informationen unter www.ebz-pappenheim.de.  

das EBZ in Pappenheim
Das EBZ in Pappenheim.

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