Die Lehrstellensuche war für Hasan alles andere als einfach. Mehrere Monate hat er nach dem Hauptschulabschluss Bewerbungen geschrieben - allesamt erfolglos. "Die Arbeitsagentur hat mich dann zur Jungen Werkstatt geschickt", berichtet der 18-Jährige. Seit September 2016 macht Hasan nun eine Ausbildung in der Schlosserei des Betriebs, der von der evangelischen Kirche in Augsburg getragen wird. "Die helfen dir hier, wenn du Probleme hast", sagt der junge Mann, "egal ob in der Arbeit, in der Schule oder mit den Eltern daheim."
Die Junge Werkstatt ist kein normaler Betrieb. Das gemeinnützige Unternehmen bildet Jugendliche aus, die sonst auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hätten. Hasan etwa wird bei der Arbeit von einem Meister angeleitet und beim Lernen von einem Sozialpädagogen unterstützt. Dieses Konzept funktioniert seit mehr als 40 Jahren. Die Junge Werkstatt war die erste der derzeit 35 Werkstätten in Bayern, die benachteiligten Jugendlichen eine Ausbildung ermöglichte. "Drei von vier Jugendlichen, die hier mit ihrer Ausbildung beginnen, verlassen als begehrte Facharbeiter unseren Betrieb", sagt Geschäftsführer Bernd Radtke.
Junge Werkstatt in Augsburg in Finanzierungsnot
Dennoch plant Radtke die Zukunft der Firma ohne die Handwerksausbildung für benachteiligte junge Menschen. Ähnlich wie in anderen bayerischen Jugendwerkstätten machen auch der Jungen Werkstatt die Änderungen beim Europäischen Sozialfonds (ESF) zu schaffen. Der ESF fördert einen guten Teil der Jugendwerkstätten im Freistaat. Seit 2014 jedoch hat er seine Fördermittel reduziert. Außerdem änderte sich die Förderstruktur. So gibt es nun etwa für die Personalkosten eine pauschale Förderung. "Diese reicht aber oft zur Deckung der tatsächlichen Kosten nicht aus", sagt Klaus Umbach, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Jugendsozialarbeit in Bayern: "Das macht den Werkstätten sehr zu schaffen". Etliche Werkstätten mussten deshalb zuletzt schließen oder ihre Ausrichtung ändern.
Auch die Junge Werkstatt will künftig ohne ESF-Gelder auskommen.
"Wir richten uns neu aus, damit wir eine Zukunft haben",
sagt Geschäftsführer Radtke. Kernstück dabei: Die Jugendwerkstatt wird im Jahr 2020 mit den Handwerksbetrieben der Diakonie (DHB) verschmelzen. Der Inklusionsbetrieb bietet Menschen mit Behinderung Arbeitsmöglichkeiten in Bereichen wie Malerei, Schreinerei, Gartenbau, Umzug, Transport und Arbeitssicherheit. Eine Zusammenarbeit zwischen DHB und Junger Werkstatt gibt es schon seit 2014. Bis 2020 sollen beide ein Unternehmen sein, das die Kunden beider Betriebe bedient.
Neue Jugendprojekte sollen Inklusion und Förderung vereinen
"Wir werden dann ein Inklusionsbetrieb sein, der auch in der Jugendförderung aktiv ist", erläutert Radtke. Einige neue Jugendprojekte haben er und sein Team schon angestoßen. Etwa das Projekt "Wohnen und Arbeiten": Meister und Sozialpädagogen der Jungen Werkstatt begleiten dabei junge Flüchtlinge, die eine Ausbildung suchen. Sie geben Nachhilfe, helfen bei der Bewerbung oder bei der Suche nach dem geeigneten Beruf. Das Projekt soll künftig auch auf einheimische junge Menschen ausgeweitet werden. Insgesamt vier solcher Projekte laufen derzeit in der Jungen Werkstatt. "Sie machen uns unabhängiger vom ESF", meint Radtke. Die klassische, vom ESF geförderte Handwerksausbildung läuft hingegen bis 2020 aus. "Das tut natürlich schon weh", so Radtke.
Ganz verabschieden wolle man sich aber vom Modell Jugendwerkstatt nicht. Durch den Zusammenschluss mit den Diakonie Handwerksbetrieben bleibe das Fachpersonal im Betrieb erhalten. "Wir können also die Ausbildung auch wieder aufnehmen, sollten sich neue Fördermöglichkeiten auftun", erläutert Radtke. Ähnlich wie LAG-Vorsitzender Umbach hofft auch er darauf, dass das bayerische Sozialministerium in die Bresche springt.
Die derzeit noch zwölf Auszubildenden werden ihren Berufsabschluss in der Jungen Werkstatt auf jeden Fall noch machen. Auch Hasan wird 2020 fertig sein. Dann will er in der Firma anfangen, in der sein Vater arbeitet, erzählt er: "Und irgendwann mache ich vielleicht auch den Meister."