Seit mehreren Jahren schon sind die Eltern von Lisa Mand (Name geändert) pflegebedürftig. Der Vater kommt noch ganz gut alleine zurecht. Doch der 94-jährigen Mutter geht es gar nicht gut. Sie hat Pflegegrad 4 und ist dement. "Wir überlegen, sie in einem Heim unterzubringen", sagt Lisa Mand beim Beratungsgespräch im Würzburger Pflegestützpunkt. Was kostet das? Und wie kann der Übergang ins Heim gut gestaltet werden? Mit diesen Fragen wendet sie sich an Iwona Wiesniewska, eine der Beraterinnen im Pflegestützpunkt.

Lisa Mand befand sich, wie viele andere Ratsuchende, in einem Dilemma. Eigentlich hatte sie ihre Eltern bis zum Schluss zu Hause pflegen wollen. Doch die Pflege der Mutter wurde so anstrengend, dass sich das neben ihrem Teilzeitjob nicht mehr machen ließ. "Viele Angehörige haben deshalb Schuldgefühle", sagt Wiesniewska. Die Aufgabe der Berater im Pflegestützpunkt besteht deshalb nicht nur darin, Sachinformationen zu vermitteln:

"Die Gespräche sind oft sehr emotional."

An rund 450 Orten in Deutschland können pflegende Angehörige in den Pflegestützpunkten Hilfe finden. Diese Anlaufstellen wurden mit dem 2008 beschlossenen Pflege-Weiterentwicklungsgesetz eingeführt. Danach haben die Bürger Anspruch auf eine neutrale und kostenlose Beratung durch einen Pflegestützpunkt oder durch Pflegeberater. Sie sollen dort umfassend über die Leistungen der Pflegeversicherung und Möglichkeiten der Versorgung in ihrer Region beraten werden.

Lisa Mand erlebte die Beratung im Stützpunkt als große Chance. Mehr als eine Stunde lang durfte sie alle Frage loswerden, die sie beschäftigten. Iwona Wiesniewska erläuterte, dass die gesetzliche Rente, die Versicherungsleistungen und das Vermögen ihrer betagten Mutter allenfalls für kurze Zeit ausreichen würden, um die Heimkosten zu decken: "Zusammen gingen wir den Antrag auf Sozialhilfeleistungen durch."

Zu Hause hatte Lisa Mand bereits versucht, sich durch den Antrag durchzukämpfen. Sie brachte ihn zu zwei Dritteln ausgefüllt zum Beratungsgespräch mit.

Gerade wenn ein alter Mensch plötzlich erkrankt, kann die Familie in eine Krise geraten. Nach einem Oberschenkelhalsbruch zum Beispiel ist es oft nicht mehr möglich, alleine zu Hause zu leben. Dann muss sehr schnell Hilfe organisiert werden. Besonders stressig wird es, wenn sich Angehörige bis dahin noch nie mit dem Thema Pflege befasst haben und dann dem "System Pflege" hilflos gegenüberstehen.

Unter welchem Zeitdruck oft gehandelt werden muss, bekommt Christel Krumwiede vom Pflegestützpunkt Nürnberg häufig mit. "Inzwischen wird oft sehr kurzfristig aus den Krankenhäusern entlassen", sagt sie. Dann müsse rasch nach einem Platz in der Kurzzeitpflege gesucht werden.

Sind pflegende Angehörige berufstätig und ist die Pflege sehr aufwendig, geht an einem Heimaufenthalt oft kein Weg vorbei.

"Wie finde ich ein gutes Heim?", ist eine Frage, die im Nürnberger Pflegestützpunkt immer wieder gestellt wird.

Wenn sich Angehörige gegen ein Heim entscheiden, stehen sie ebenfalls vor vielen Fragen. Das Pflege- und Gesundheitssystem ist so komplex und verändert sich so schnell, dass selbst Fachleute Mühe haben, den Durchblick zu behalten. Der Zugang zu Leistungen sei leider mit viel bürokratischem Aufwand verbunden, sagt Doris Weigand vom Diakonischen Werk Bayern.

Susanne Hallermann von der Interessenvertretung pflegender Angehöriger "wir pflegen" begrüßt grundsätzlich das Beratungsangebot der Pflegestützpunkte, sagt aber auch: "Es ist immer noch ein Glückslos, wohnortnahe und unabhängige Pflegeberatungsstellen zu finden."

Noch problematischer sei allerdings, dass Betroffene manchmal "monatelang" um Hilfen, Entlastung und Unterstützung kämpfen müssten. Hier machten sich der Pflegenotstand und der Fachkräftemangel deutlich bemerkbar. Der Verein "wir pflegen" fordert deshalb einen Rechtsanspruch auf zeitnahe Unterstützung und Entlastung.