Ich leide immer wieder an depressiven Episoden, bin deswegen in ärztlicher Behandlung und hatte auch schon mal zwei Jahre Psychotherapie. Das hat mir geholfen, meinen Blick auf diese Depri-Zeiten zu verändern. Ich weiß, dass solche Zeiten auch wieder vorbeigehen und es danach besser wird.

Trotzdem spüre ich, wenn so eine Episode kommt, auch den Druck, zu funktionieren, so nach dem Motto: "Du kennst das doch jetzt schon, du weißt doch, was man da tun muss …" Ich werde dann ungeduldig und tue mich schwer, wenn es wieder so lange dauert. Ich sehne mich dann danach, dass ich meinen Beruf wieder richtig ausüben und meinen Kollegen beweisen kann, dass ich wieder okay bin. Ich würde am liebsten so einen Schalter finden, mit dem ich die Depression einfach ausknipsen kann.

Neulich hat eine Ärztin gesagt: Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als dass Sie sich mit Ihrer Depression anfreunden … Was denn nun? Durchkommen, so schnell wie möglich – oder sich anfreunden?

Herr K. (48)

Wer unter Depressionen und depressiven Verstimmungen leidet, hat womöglich schon gemerkt, wie wichtig, neben guter medikamentöser Einstellung, Gespräche sein können, um all das, was einem in diesen Zeiten auf der Seele liegt, besser zu verarbeiten.

Manchmal reichen Gespräche mit vertrauten Menschen, oft ist es gut, sich therapeutische Begleitung zu suchen. Manche nehmen nach ein paar Jahren wieder Kontakt mit ihrem ehemaligen Therapeuten auf. Vielleicht ist Ihr Brief der Beginn eines neuen Gesprächs darüber, was Sie in der Depression erleben und wie Sie das in Ihrer jetzigen Lebensphase verstehen können.

Depressionen haben in unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedliche Botschaften. Möglichst schnell darüber weggehen und abhaken ist vielleicht ein Versuch, mit dieser Herausforderung so fertigzuwerden, wie Sie mit manchen beruflichen Herausforderungen umgehen. Das mag Ihnen vertraut sein, aber im Blick auf die Bewältigung der Depression ist es jetzt vielleicht nicht dran.

Die Stimmen, die Sie ja ziemlich unter Druck setzen, "durchzukommen", sind womöglich eher innere Stimmen, die zur Depression gehören. Sie tun so, als wären sie die verlässlichen Ratgeber, sind aber in Wirklichkeit ziemliche Quälgeister.

Dagegen steht die Stimme Ihrer Ärztin. Sie erinnert Sie daran, dass so eine Zeit der Depression – wenigstens im Nachhinein betrachtet – auch wichtig, ja wertvoll sein kann. Es könnte eine Zeit der Unterbrechung und des Nachdenkens sein darüber, was in der jetzigen Lebensphase dran ist. Viele Menschen nützen diese Zeit, um herauszufinden, was sich entwickelt hat in den letzten Jahren, was sie stärken und interessieren könnte, ob es vielleicht Zeit ist, neben dem Beruf andere Schwerpunkte zu setzen.

Depressionszeiten sind keine Zeiten, tief greifende Entscheidungen zu fällen, aber es können Zeiten sein, im Gespräch mit anderen zu bedenken, was im Leben noch wichtig ist, ob Sie immer "schnell und effektiv" sein wollen oder ob Sie nach der Phase der Depression einen neuen, veränderten Blick auf ihr Leben bekommen können.