"Ich bin von Haus aus ein fröhlicher Mensch und sage dies, obwohl es immer wieder auch Krisen in meiner Biografie gegeben hat. Die Scheidung meiner Eltern, berufliche Rückschläge, Probleme in der Partnerschaft. Aber immer ging es irgendwie weiter.

Seit einiger Zeit fühle ich mich aber ganz unten. Auslöser war sicherlich eine Brustkrebserkrankung, die bei mir diagnostiziert wurde. Die Behandlung ist eingeleitet und die Prognose klingt gar nicht mal so pessimistisch. Dennoch komme ich aus dem Tief nicht heraus. Ich bin niedergeschlagen und quäle mich mit mir selbst herum. Gleichzeitig bin ich auch ungeduldig mit mir und ärgerlich, weil ich mich so hängen lasse.

Die vielen gut gemeinten Ratschläge à la "So schlimm wird es schon nicht werden" helfen mir dabei gar nicht. Jetzt hat mich eine Freundin auf einen neuen Ansatz aufmerksam gemacht, ein Denken von der Resilienz eines Menschen her. Also, so wie ich es verstehe (resilire = lateinisch "zurückspringen", "überwinden"), die Widerstandskräfte in uns zu wecken und alte Kraftquellen zu aktivieren. Es klingt vielversprechend für mich. Können Sie mir in dieser Richtung weiterhelfen?"

Frau U.

Probieren wir es doch einmal. Zunächst ein Grundgedanke: Auch wenn Sie sich momentan ganz unten fühlen -, zu Ihrer Persönlichkeit gehört mehr als Ihr momentanes Gefühl, mehr als Ihr gegenwärtiges Erleben. Die Fröhlichkeit gehört beispielsweise dazu. Ich möchte Sie damit zu einem Zutrauen locken, das Ihre früheren Fähigkeiten wieder zum Vorschein und Sie mit Ihren Kraftquellen in Kontakt kommen lässt. Dazu drei Impulse.

  • 1. Für eine neue Aufmerksamkeit: Sie dürfen sich schwach fühlen und dürfen verzweifelt sein und müssen sich dafür nicht verurteilen. Sie dürfen sich akzeptieren, so wie Sie gerade sind, dürfen Mitgefühl mit sich haben, ohne ins Selbstmitleid abzugleiten. Sie dürfen also "zugrunde gehen", nämlich zum Grund Ihres momentanen Erlebens gehen. Es ist die Einladung zu einer liebenden Aufmerksamkeit für sich selbst und dazu, was Ihnen im Moment gut tut. Das mag Weinen sein, Musik hören, Unkraut jäten, sich in die Badewanne legen, was auch immer.
     
  • 2. Für eine neue Sichtweise: Jetzt versuchen Sie bitte, ein Stück Distanz zu Ihrem gegenwärtigen Empfinden zu gewinnen. Erlauben Sie sich, wirklich zu spüren, dass Sie nicht allein sind. Zumindest haben Sie eine Freundin an Ihrer Seite. Erinnern Sie sich an die früheren Krisen in Ihrer Biografie und daran, wie Sie diese Rückschläge und Probleme überwunden haben. Wie sah das "Aber immer ging es irgendwie weiter" aus, von dem Sie berichten?
     
  • 3. Für ein neues Verhalten: Bitte versuchen Sie, immer wieder einmal etwas Neues auszuprobieren. Einmal Ihre Aufmerksamkeit auf das lenken, was Ihnen im Lauf eines Tages gelingt. Einmal auf Ihre Körpersprache achten. Wie bin ich in den Schultern, wie in meiner Stirn, in meiner Kopfhaltung, in meinem Bauch? Kann ich mich dort lockerer, gelöster, aufrechter machen? Einmal von sich selbst absehen und sich Gott anvertrauen. Vielleicht mit einem Gebet aus Ihrer Kindheit oder mit Seufzerworten aus Ihrer Gegenwart.