Im Klassenzimmer herrscht quirlige Unruhe: Schüler würfeln, verrücken Spielsteine, ziehen Karten. Zum ersten Mal probieren die evangelischen Schüler der 8. Klassen des Gymnasiums Lappersdorf ihre selbst entwickelten Spiele aus. Einzige Bedingung, die der Religionslehrer und Pfarrer Thomas Klenner ihnen gestellt hat, nachdem die Fakten erarbeitet waren: Das Spiel muss Martin Luther und die Reformation zum Gegenstand haben.

Brettspiel zu Martin Luther

Jannis, Max und Bene haben ein Brettspiel konzipiert. Es wirkt wie eine Mischung aus Monopoly und Spiel des Lebens. Die 95 Thesen Martin Luthers, die er gegen den Ablasshandel der Kirche entwickelt hat, werden zu Feldern oder besser Lebensjahren. Die Spielfiguren sind Bauer, Pächter, Fischer, Metzger, Pfarrer und Theologiestudent, die alle ihren Lebensweg gehen und dabei auf die Schriftprinzipien Martin Luthers treffen: solus Christus, sola fide, sola gratia und sola scriptura.

Was sonst nur Theologiestudenten pauken, erklären die drei Schüler wie im Schlaf: "Sola gratia - wenn man auf dieses Feld kommt und eigentlich wenig Geld verdient, bekommt man rein aus Gnade ein gutes Gehalt", erklärt Max. "Und bei sola fide denkt sich der Spieler eine Zahl. Wenn er sie tatsächlich würfelt, bekommt er 100 Taler allein aus Glauben."

Wochenlang haben die drei Buben gesägt und geschnitzt, gedruckt und gemalt. "Das Spiel macht Spaß, aber man kann sich auch dabei ärgern", erklärt Jannis. Je nachdem, auf welches Feld man treffe. Zum Glück gebe es aber auch die Ereigniskarten, die das Schriftprinzip "solus Christus" verdeutlichen. "Wenn man von etwas Schlechtem bedroht ist, kann man diese Karte einspielen und wird davor bewahrt", sagt Jannis.

Wiederum andere Kinder haben sich den Menschen Martin Luther und seine Biografie vorgenommen, haben ein Faktenspiel entworfen, das den Reformator zeigt, wie er zum Vater einer neuen Kirche wurde, obwohl er nur seine eigene Kirche von Missständen befreien wollte. Wie Luthers Leben und Schriften ganz Europa und die Konfessionen nachhaltig geprägt haben, lehrt ein Spiel, das wie "Risiko" aufgebaut ist und den Spielern beibringt, was Calvinisten, Anglikaner, Orthodoxe und andere wollten.

Erstaunt war Pfarrer Klenner, als ein Schüler einen Gegenstand mitbrachte, der wie eine große Bibel aussah. Es stellte sich heraus, dass es der Einband für ein Spiel war, das die Personen rund um Martin Luther in den Blick nimmt. Ulrich Zwingli, Thomas Müntzer, Katharina von Bora, Kaiser Karl V.: Wer waren sie und was wollten sie? "Durch gezielte Fragen, die mit Nein und Ja zu beantworten sind, kommt der Gegner auf die Lösung", erklärt Lukas, der es mit Timo und den beiden Jakobs entwickelt hat.

Thomas Klenner ist mit den Arbeiten seiner Schüler sehr zufrieden. "Wenn man die Begeisterung der Kinder gesehen hat, muss man sie einfach als Beweis dafür nehmen, dass man auch auf diese Art und Weise viel über Martin Luther erfahren kann", sagt Klenner. Ein angenehmer Nebeneffekt: Auch mit Eltern und Großeltern wurde über die Reformationszeit gesprochen. "Das Ganze hat eine Dynamik entwickelt, die ich einzigartig finde", sagt Klenner.

Schulnoten für ein Lutherspiel

Als Lohn für ihre Mühe soll es nun zwei Schulnoten geben, die wohl alle recht ordentlich ausfallen werden. "Es sind keine schlechten Leistungen dabei", verrät Klenner vorab. "Ich bin ja selber ganz begeistert." Vom Ergebnis soll nicht nur eine Schule profitieren. In den letzten beiden Wochen vor den Ferien werden die Schüler mit ihrem Material an andere Schulen pilgern. Unter anderem soll es dabei auch zu den Regensburger Domspatzen gehen.

Martin Luther spielerisch kennenlernen.
Martin Luther spielerisch kennenlernen.

Web-Tipp

Luther multimedial

Weitere interaktive Projekte zum Reformationsjubiläum unter der Webseite www.lutherpedia.de