Mal zog Amos mit seinen Schafen umher und suchte Nahrung in der Wüste, mal widmete er sich im Dorf Tekoa seiner Maulbeerbaumplantage. Er machte sich seine Gedanken über die Zustände in seinem Land. Hörte von den Schicksalen anderer Bauern, denen die Reichen den Boden abgeluchst hatten. Erfuhr von Bauern, die einst wie er selbstständig lebten und sich nun als Knechte an Großgrundbesitzer verkaufen mussten. Und daneben kannte Amos die Erzählungen über die Reichen und Mächtigen im Land, die in Saus und Braus lebten. Denen war nur das eigene Wohlergehen wichtig; sie lebten so gewissenlos, dass sie Gottesdienste feierten, während vor den Tempeltüren die Menschen verhungerten. Die Schere zwischen Arm und Reich wuchs zusehends.
Amos scheint über ausgeprägtes Mitleid, einen großen Sinn für Gerechtigkeit und einen unerschütterlichen Glauben verfügt zu haben. Ihm war klar: Das soziale Problem war eine Folge der Abwendung von Gott. Deshalb traute er sich, Gottes Wort zu verkünden – mit so einer unmittelbaren Wucht und Deutlichkeit, dass heutige Leser seines Buches mitunter noch zusammenzucken. Den Wirtschaftsbossen seiner Zeit wirft er vor, "das Recht in Gift" und "die Frucht der Gerechtigkeit in Wermut" zu verwandeln.
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