Die gelbe Wand ist bunt. Und wenn an diesem Sonntag auf der Südtribüne im Dortmunder Fußballstadion doch eine Farbe dominiert, dann ist es Grün. Im Gästeblock halten einige Besucher ihren hellgrünen Schal in die Luft, der Rest des Stadions schließt sich ihnen an. "Was für ein Vertrauen" steht auf dem Stoff, die Losung des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Das Stadion ist in grüner Hand.

"Normalerweise bete ich in diesem Stadion für etwas anderes", sagt Niklas. "Einen Sieg für den BVB."

Der 19-Jährige ist bekennender Fan von Borussia Dortmund und freut sich, dass er die Leidenschaft nun mit dem Kirchentag verbinden kann. Zum ersten Mal seit 18 Jahren wird ein Kirchentagsabschluss wieder in einem Stadion gefeiert. Die Heimspielstätte des Vizemeisters Borussia Dortmund ist das größte Fußballstadion Deutschlands. Neben dem BVB ist eines von Niklas' wichtigsten Anliegen: Aufstehen gegen den Klimawandel. "Wir müssen endlich was verändern", sagt der Student. Er hofft, dass es darum auch heute gehen wird.

In ihrer sehr politischen, teils kämpferisch anmutenden Predigt fordert Sandra Bils dann auch mehr Engagement für die Seenotrettung im Mittelmeer und gegen den Klimawandel. "Wenn wir Jesus glauben: 'Was ihr dem geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan', dann ist für uns Lebenretten kein Verbrechen, sondern Christenpflicht. Man lässt keine Menschen ertrinken! Punkt!", sagt die Pastorin der ökumenischen Bewegung Kirchehoch2 auf dem Rasen des Stadions.

Und dann drehe sich die Kirchenwoche auch nicht nur um den Sonntag, "sondern auch um den Freitag. #FridayForFuture".

Bils spricht sich auch für eine Erneuerung von Kirche und Gesellschaft aus: "Wir leben in Umbruchzeiten", sagt die Theologin aus Hannover: "Volkskirche bröckelt, Volksparteien auch." Doch mit Vertrauen und Unerschrockenheit ließen sich neue und spannende Ideen und Visionen entwickeln. "Vielleicht zeigt sich das in neuen Formen von Kirche: Kirche als rollende Frittenbude - Glaube, Liebe, Currywurst." Ein solcher Denkansatz dürfe sich nicht auf die Kirche beschränken. "Wenn ich verstehe, dass alles Gnade und Geschenk ist, dann gehe ich mit dem Geschenkten auch großzügig um."

Kirchentagspräsident Hans Leyendecker prangert die europäische Flüchtlingspolitik, vor allem die stark eingeschränkte Seenotrettung an: "Pilatus wusch sich die Hände in Unschuld. Europäische Politikerinnen und Politiker waschen sie in dem Wasser, in dem Flüchtlinge ertrinken", sagte Leyendecker. Gemeinsam müssten Christen für Menschenwürde eintreten.

"Klar ist: Wir müssen handeln! Haltung zeigen! Mut haben! Uns was trauen!", fordert der Journalist.

Dabei dürfe der Fokus allerdings nicht nur auf negativen Dinge liegen, sagt Leyendecker. Beim Kirchentag hätten auch viele ermutigende Beispiele gegeben von Menschen "die sich kümmern, umeinander, füreinander. Die einstehen für mehr Gemeinschaft. Die zeigen, dass man sich nicht fürchtet, dass man keine Angst hat, dass man den öffentlichen Raum nicht 'denen' überlässt, die das Gemeinwesen zerstören wollen."  

Das Stadion ist etwa zur Hälfte gefüllt. Laut den Organisatoren des Protestantentreffens kamen 32.000 Besucher, um den Abschluss des Kirchentags im Stadion zu feiern. Beim parallelen Gottesdienst im Westfalenpark seien es 5.000 Menschen gewesen. Viele der insgesamt 118.000 Besucher hatten sich entschieden, schon vor den Gottesdiensten abzureisen. Einige nannten die angekündigte Hitze als Grund, andere die teilweise sehr langen Wartezeiten an den überfüllten und nicht optimal getakteten Bahnen.

Trotzdem sei man nicht enttäuscht, sagt Kirchentagssprecherin Sirkka Jendis:

"Wir hatten in den vergangenen Tagen sehr gute Besucherzahlen. Aber wir müssen vielleicht sehen, ob es eine Tendenz gibt, schon am Samstag abzureisen."