Was bedeutet Patriarchat?

Patriarchat bezeichnet ein soziales System oder eine Gesellschaftsstruktur, in der Männer überproportionalen Einfluss, Macht und Autorität in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens haben. Der Begriff "Patriarchat" leitet sich vom griechischen Wort "patriarches" ab, was "Vater" oder "Stammesführer" bedeutet.

Das Patriarchat zeigt sich in verschiedenen Formen und Ausprägungen, je nach kulturellem, historischem und sozialem Kontext. In einigen Gesellschaften ist es sehr ausgeprägt, während es in anderen weniger offensichtlich sein kann. Patriarchat ist nicht, wie oft irrtümlich angenommen wird, eine inhärente Eigenschaft von Männern, sondern ein soziales System, das auf gesellschaftlichen Normen, Traditionen und Machtdynamiken beruht.

Wie ist das Patriarchat entstanden?

In vielen älteren Kulturen herrschte eine gewisse Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, da Männer und Frauen in ähnlichen Rollen zusammenarbeiteten, um die Gemeinschaft zu versorgen. Es wird angenommen, dass der Aufstieg des Patriarchats mit dem Aufkommen von sesshaften Gesellschaften und der Entwicklung von Landwirtschaft und Eigentum verbunden ist.

Der endgültige Siegeszug erfolgt mit Beginn der Neuzeit: Die koloniale Herrschaft und der weltweite Einfluss europäischer Mächte ab dem späten 15. Jahrhundert hatte erhebliche Auswirkungen auf die traditionellen Geschlechterdynamiken in Gesellschaften in Amerika, Afrika und Asien. Die koloniale Vorherrschaft brachte patriarchale Vorstellungen und soziale Normen der europäischen Gesellschaften mit sich, die die bereits vorhandenen Geschlechterrollen und -beziehungen in den dortigen Gemeinschaften entweder verstärkten oder komplett veränderten.

Wie patriarchalisch leben wir heute?

In den letzten Jahrzehnten wurden in Deutschland wichtige Fortschritte erzielt, um Geschlechterdiskriminierung abzubauen und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Frauen haben in vielen Bereichen wie Bildung, Arbeitsmarkt und politischer Beteiligung Fortschritte gemacht. Es gibt eine steigende Anzahl von Frauen in Führungspositionen und politischen Ämtern.

Trotzdem gibt es nach wie vor Anzeichen dafür, dass Deutschland weiterhin patriarchalisch geprägt ist: 

  1. Den Gender Pay Gap.
  2. Frauen sind in Spitzenpositionen in Unternehmen, Politik und Wissenschaft immer noch unterrepräsentiert.
  3. Die Rollenbilder und traditionellen Erwartungen an Frauen und Männer bezüglich der Aufgaben in der Familie sind nicht vollständig aufgebrochen, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann für Frauen eine besondere Herausforderung sein.
  4. Gewalt gegen Frauen: Geschlechtsspezifische Gewalt, häusliche Gewalt und sexuelle Belästigung existieren nach wie vor in erheblichem Maß.
  5. Geschlechterstereotype und -rollen sind in der Gesellschaft noch stark präsent und beeinflussen das Verhalten und die Erwartungen an Frauen und Männer.

Wie geht die Evangelische Kirche mit dem Patriarchat um?

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat in den letzten Jahrzehnten viele Schritte unternommen, um sich gegen patriarchale Strukturen zu positionieren und Geschlechtergerechtigkeit zu fördern. 

Grundsätzlich sieht die EKD Geschlechtergerechtigkeit als ein wichtiges Anliegen und versucht, die Teilhabe von Frauen in verschiedenen Bereichen der Kirche zu fördern. Einige Positive Beispiele:

  1. Ordination von Frauen: Die Landeskirchen der EKD ordinieren Frauen zu Pfarrerinnen. 
  2. Frauen in Leitungspositionen: In einigen Landeskirchen der EKD haben Frauen auch in Leitungspositionen in der Kirche eine starke Präsenz, sowohl auf Landesebene als auch auf Gemeindeebene.
  3. Geschlechtergerechte Sprache: Die EKD hat sich bemüht, eine geschlechtergerechte Sprache in liturgischen Texten, Bibelübersetzungen und offiziellen Dokumenten zu verwenden, um die Gleichwertigkeit von Frauen und Männern deutlicher zum Ausdruck zu bringen. 
  4. Förderung der Geschlechtergleichheit: Die EKD hat Programme und Initiativen zur Förderung der Geschlechtergleichheit innerhalb der Kirche ins Leben gerufen. Dazu gehören Schulungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote zu Geschlechterfragen und Gleichstellung.

Geschlechtergerechtigkeit in der EKD ist jedoch weiterhin ein Prozess. Es gibt nach wie vor Diskussionen und Debatten über bestimmte Themen, wie zum Beispiel die Gleichstellung von Frauen in höheren Leitungspositionen oder die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Auch berichten einige Pfarrerinnen davon, immer noch von zumeist männlichen Gemeindemitgliedern wegen ihres Geschlechts kritisiert oder gar angefeindet zu werden.

 

Kirche & Queer: Ein Lexikon

Der Begriff "queer" steht für Personen, deren sexuelle Orientierung nicht heterosexuell ist, sowie Geschlechtsidentitäten, die nichtbinär oder nicht-cisgender sind. In unserem Sonntagsblatt-Lexikon erklären wir die Begriffe – und erläutern, wie die evangelische Kirche zum Thema steht; oder wir stellen Personen vor, die sich mit einem der Begriffe identifizieren.

Hier geht es zum Sonntagsblatt-Lexikon "QUEER".

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