Die Kirche St. Johannes, die von Resten einer früheren Wehrmauer umgeben ist, stammt schätzungsweise aus dem 13. oder 14. Jahrhundert und steht mitten im Ort. Seit wenigen Wochen wird aber auf dem Nachbargrundstück gebaut: ein neues Wohnhaus für fünf Parteien, nur wenige Meter nebenan.
Da die Kirchengemeinde nicht nur die Abstandsgrenzen verletzt sah, sondern befürchtete, dass das Haus die Kirche verdeckt und die künftigen Bewohner sich am viertelstündlichen Glockenläuten stören werden, wurde Klage eingereicht.
In Bayern gibt es seit drei Jahren in Bausachen kein Widerspruchsverfahren mehr. Deswegen klagte in Vertretung der evangelischen Kirchenstiftung Erlangen-Frauenaurach das Münchner Landeskirchenamt, die Verwaltungszentrale der bayerischen Protestanten, gegen die Baugenehmigung auf dem Nachbargrundstück.
"Es wurden Gespräche mit dem Nachbarn und der Stadt Erlangen als Genehmigungsbehörde wegen einer Änderung des Bauvorhabens geführt", erklärt Ulrike Kost, für Grundsatzfragen im Baulastrecht zuständige Juristin im Landeskirchenamt.
Diese Gespräche hätten aber nicht dazu geführt, dass die Pläne geändert wurden. Damit habe sie dann auch die Klage begründet. Die Klage stützte sich auch auf den "Abwehranspruch", den das bedeutende Denkmal einer Wehrkirche gegen eine neue, massivere Bebauung habe. Die Kirchengemeinde sieht ihre Rechte verletzt, weil nach dem Abbruch der alten Hofgebäude auf dem Grundstück die neue Bebauung ohne die üblichen Abstandsflächen genehmigt worden sei.
Und dann ist da noch das Damoklesschwert Glockenläuten: Kriegenbrunn wäre nicht die erste Gemeinde, in der meist neu zugezogene Anwohner sich daran stören. In der Wehrkirche wird jede Viertelstunde eingeläutet - und das auch nachts. Pfarrerin Barbara Eberhardt befürchtet, dass einige alteingesessene Gemeindemitglieder der Gemeinde den Rücken kehren würden, wenn sich die Nachbarn möglicherweise gegen den Glockenschlag erfolgreich gerichtlich wehren könnten.
Eilantrag gestellt
Trotz der Klage fing der Bauherr Anfang des Jahres mit dem Abbruch der alten Gebäude an. Die Kirche stellte sofort einen entsprechenden Eilantrag. Der wurde jedoch vom Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 26. Februar nach Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache auf der Basis einer vorläufigen Einschätzung abgelehnt. Es bestehe ein öffentliches Interesse, dass die Baugenehmigung vollzogen werde, hieß es. Die Klage selbst ist noch anhängig.
Gerichtssprecher Alexander Heinold erklärt, die entscheidende Kammer habe keinen Verstoß gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme feststellen können. "Hinsichtlich der Lärmimmissionen war zu berücksichtigen, dass das Grundstück schon zuvor mit Wohnbebauung genutzt wurde", erklärt er. Die von der Kirchen ausgehenden "nächtlichen Lärmimmissionen" hätten bereits in der Vergangenheit die Grenzwerte überschritten. Zudem habe das Gericht nicht gesehen, dass der Neubau auf die Kirche eine "erdrückende Wirkung" habe.
Auswirkungen auf Glockenläuten
Durch die Baugenehmigung würde sich für das Glockenläuten nichts ändern, stellt die kirchliche Juristin Kost fest, "denn in der Baugenehmigung wurden Maßnahmen zum Schallschutz am Neubau empfohlen". Für neue Nachbarn gelte unter Umständen eine "erweiterte Zumutbarkeit im Rahmen der Sozialadäquanz". Darunter verstehe man, dass ein Verhalten üblich sei und von der Allgemeinheit gebilligt werde. Ob der viertelstündliche Glockenschlag dazu gehört, dass muss dann im Klagefall wiederum ein Richter entscheiden.
Das Landeskirchenamt hatte gegen die Ablehnung der Klage keine weiteren Schritte eingeleitet. "Da der Beschluss für eine Eilentscheidung sehr ausführlich war, hatte eine Beschwerde wenig Aussicht auf Erfolg", meint Kost. Da das Hauptsacheverfahren noch läuft, könne man zum weiteren Verlauf derzeit nichts sagen. Der Termin für die Hauptverhandlung steht noch nicht fest.