"Teuflin" nannten die Papsttreuen diese Frau, Martin Luther hingegen lobte sie als "Jüngerin Christi": Argula von Grumbach bewegte zur Reformationszeit die verunsicherte Christenheit. Und sie kämpfte für einen Ingolstädter Studenten namens Seehofer.

Ihre Eltern – Reichsfreiherr Bernhardin von Stauff und Katharina von Toerring zu Seefeld – legten Wert auf Bildung. Im Jahr 1502, Argula war zehn Jahre alt, soll der Vater ihr eine deutschsprachige Bibel geschenkt haben. Prägend für sie war auch ihre Zeit als Hofdame in München bei Erzherzogin Kunigunde, einer belesenen Frau mit eigener Bibliothek. 

1509 starben Argulas Eltern an der Pest. Im Jahr darauf heiratete sie den Adligen Friedrich von Grumbach. Sie zog mit ihm nach Lenting nahe Ingolstadt. Der erste Sohn wurde geboren, Friedrich wurde Pfleger in Dietfurt, wo die Familie von nun an lebte. Argula half ihm, die Ländereien zu verwalten. Als Frau des Pflegers genoss sie Ansehen. 

Ihr eigentliches Interesse galt geistlichen Dingen

Die Gedanken der Reformatoren, die sich 1521 in der Region durchsetzten, begeisterten sie. Sie schrieb wichtigen Männern der neuen Glaubensrichtung: Georg Spalatin, dem Berater des sächsischen Kurfürsten und Freund Luthers, dem Nürnberger Reformator Andreas Osiander und sogar Martin Luther selbst. Von dessen Büchern war sie fasziniert. Der Reformator hielt viel von ihr. "Jene Argula errettet und führt Christus zum Sieg", schrieb Luther an Spalatin. Nach und nach wurde sie als "geliebte Schwester in Christo" Teil des Netzwerks der Reformatoren.

1523 trat sie in die Öffentlichkeit. Der Grund: Arsacius Seehofer, der in Wittenberg Theologie studiert hatte, kam an die Ingolstädter Universität. Uni-Rektor Leonhard von Eck erkannte die Gefahr des Überschwappens reformatorischer Gedanken und machte zur Bedingung: Bevor er hier lehren darf, muss er beeiden, kein Luther-Anhänger zu sein. Arsacius weigerte sich, und man sperrte ihn ein. In seiner Wohnung fand man Schriften Luthers. Nun sollte ihm der Prozess gemacht werden.

Argula von Grumbach nimmt kein Blatt vor den Mund

Argula schrieb einen empörten Brief an die Ingolstädter Universität. Das hatte es noch nie gegeben: Eine Frau mischte sich in die Politik ein und bot den Gelehrten die Stirn. Sie blieb die Einzige, die sich für Arsacius einsetzte. Argula bekannte sich zu Luthers Lehre und ging damit das Risiko ein, selbst verhaftet zu werden. 

Sünden wider den Heiligen Geist würden nicht vergeben, schrieb sie – die aber hätten die Universitätsverantwortlichen begangen: "Wie werdet Ihr bestehen mit Eurer 'Hohen Schule', dass Ihr so töricht und gewalttätig wider das Wort Gottes handelt und jemanden mit Gewalt zwingt, das heilige Evangelium in der Hand zu halten, es aber gleichzeitig zu verleugnen – so wie Ihr es mit Arsacius Seehofer getan habt?" Argula kannte die Bibel, deshalb konnte sie fragen: 

Zeigt mir, wo es steht, ihr hohen Meister! Ich finde es an keinem Ort der Bibel, dass Christus oder seine Apostel oder Propheten andere eingekerkert, gefoltert oder ermordet oder sie aus dem Land vertrieben haben.

Argula von Grumbach

Ihre Briefe sorgten für Aufsehen. Bald schon wurden sie gedruckt. Einige Ausgaben enthalten einen Holzschnitt auf dem Titelblatt: Die Bibel in der Hand disputiert Argula mit Universitätsgelehrten. Tatsächlich aber war niemand bereit, öffentlich mit ihr zu diskutieren. Ein anonymes Spottgedicht war die einzige Reaktion auf ihre Schriften. Darin hieß es:

"Frau Argel, arg ist euer Name, / Viel ärger aber, dass ihr ohne Scham / und alle weibliche Zucht missachtend / so frevelhaft handelt und so vermessen."

Zu Hause müssen sich Ehedramen abgespielt haben. Friedrich von Grumbach blieb dem alten Glauben verhaftet, konnte oder wollte seine Frau aber nicht bremsen. 1524 wurde er deshalb seines Amtes enthoben. Fünf Jahre später starb er.

Martin Luther beobachtete Argulas Schicksal. Einem Freund schrieb er: "Die edelste Frau Argula von Stauffen kämpft einen gewaltigen Kampf in diesem Land mit großem Geist und reich an Worten und Erkenntnis Christi. […] Auf dass Christus durch dieses schwache Gefäß vernichte die Mächtigen und Herrlichen!"

Ihre Nähe zu Martin Luther brachte die Altgläubigen gegen Argula auf

"Man heißt mich lutherisch", entgegnete sie, "ich bin es aber nicht. Ich bin im Namen Christi getauft, den bekenne ich, nicht Luther. Aber ich bekenne, dass ihn Martinus auch als treuer Christ bekennt." 

Als Luther im Juni 1530 auf der Veste Coburg weilte, besuchte Argula ihn. Sie tauschten sich nicht nur über den Glauben aus; Argula gab ihm auch Tipps, wie seine Frau die Tochter abstillen könne. Danach fuhr Argula nach Augsburg, wo der Reichstag über das evangelische Bekenntnis beriet. Im Hintergrund versuchte sie, einige Teilnehmer von der evangelischen Lehre zu überzeugen. 

Dann wurde es still um sie. Sie heiratete noch einmal, einen böhmischen Grafen, doch er verstarb bald. Geldsorgen belasteten sie. Ihre Söhne Georg und Hans-Jörg starben, ebenso Tochter Apollonia und Argulas Bruder Bernhardin. Betrübt durch die Todesfälle zog sie sich ins mainfränkische Zeilitzheim zurück, wo sie 1554 vereinsamt starb.

 

Weitere Informationen über Argula von Grumbach

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