Eine Lutherfigur darf in Arno Hildebrandts Wohnung natürlich nicht fehlen. Sie steht im Regal neben dem Esstisch im Wohnzimmer. Es ist ein Plastik-Luther, den ein fränkischer Spielwarenhersteller zum Reformationsjahr herausgebracht hat: Das Männchen war 2017 ein echter Verkaufsschlager.

Ob Arno Hildebrandt mit seinem Luther-Werk genauso viel Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall hat auch der 82-Jährige Augsburger den 500. Jahrestag der Reformation zum Anlass genommen, sich intensiv mit Martin Luther zu beschäftigen, von dessen Geburt bis zum Tod: Hildebrandt hat Luthers Leben aufgeschrieben – in Reimform.

Hildebrandt interessiert Luthers Mut und Standhaftigkeit

"Mich hat die Person Luthers interessiert, sein Charakter, seine Standhaftigkeit, sein Mut", erzählt er. So machte er sich an die Recherche und dann ans Dichten. Insgesamt ein Jahr hat es gedauert, bis die "16 Episoden aus Luthers Leben" fertig waren. Es sind kurze, leicht verständliche Erzählungen in Reimform. Ein wenig erinnern sie an den Stil Wilhelm Buschs. "Ich versuche immer auch humorvoll zu schreiben", sagt der gebürtige Rheinländer: "Also ‘mal so locker vom Hocker."

Das merkt man auch seinem Luthergedicht an. Etwa wenn den Studenten Martin ein Gewitter überrascht: "Als dann ein Blitz ‘nen Baum zerriss/bekam der Martin mächtig Schiss", heißt es in Episode 2. Mit solchen flapsigen Formulierungen macht der Protestant Hildebrandt das Leben Luthers sehr anschaulich. Ebenso wie mit einigen überraschenden Erkenntnissen, die er bei seiner Recherche über den Reformator gewonnen hat. "Dass Luther etwa relativ lange ,Luder‘ hieß, ist vielen nicht bekannt", meint Hildebrandt. Umbenannt habe sich der Mönch erst, als er Professor wurde und in die Oberschicht aufstieg.

Altes und Neues Testament in Reimform

Die Ballade über Luthers Leben ist nicht die erste religiös geprägte Geschichte, die Hildebrandt in Reimform aufgeschrieben hat. Der gelernte Dekorateur hat bereits drei Gedichtbände veröffentlicht. Zwei davon erzählen in Versform Geschichten aus dem Alten und dem Neuen Testament. 

Bevor er sich ganz und gar dem Dichten widmete, habe er viel gemalt, erzählt Hildebrandt. Seine abstrakten Bilder hängen überall in der Wohnung, in der er zusammen mit seiner Frau lebt. Mittlerweile sei ihm das lange Sitzen an der Staffelei aber zu anstrengend. Lieber arbeite er mit der Sprache: "Es macht mir einfach Spaß, Reime und Rhythmus zu finden und mit den Worten zu spielen."

Hildebrandts Luthertext soll nächstes Jahr zusammen mit anderen Gedichten als Buch erscheinen – wenn ihm nicht noch mehr Gedichte einfallen, meint er. Was dann kommt, könne er noch nicht sagen: "Aber ich glaube nicht, dass ich die Finger vom Dichten lassen kann."

Leseprobe

Episode: Aus Luder wurde Luther

Arno Hildebrandts Luther-Ballade hat 16 Episoden. Als Leseprobe hier der Anfang:

Vierzehndreiundachtzig war
ein bedeutungsvolles Jahr
Klein Martin – eines Bauern Spross –
entschlüpfte aus der Mutter Schoß.
In Eisleben – ward festgestellt –
blinzelte er ins Licht der Welt
als zweiter Sohn nebst ält‘rem Bruder
von Hans und Margarethe Luder.

So hieß er folglich Luder auch!
Es war in den Familien Brauch,
was heutzutage doch verwirrt,
dass man die Namen variiert.
So gab es Lauther, Lotter oder
auch Lüder, Ludher, Lutter, Loder.
Luther hieß er – ist zu erfahren –
dann erst mit neunundzwanzig Jahren.