Es war ein evangelischer Landesherr, der das nahezu von Beginn an verschuldete kleine Fürstentum Pfalz-Neuburg in einen stabilen Musterstaat umbaute. Nach dem Tod Philipp Ludwigs von der Pfalz konvertierte sein Sohn Wolfgang Wilhelm zum katholischen Glauben.

Im Zeitalter der Ökumene ist schwer vorstellbar, wie heftig in vergangenen Jahrhunderten um den wahren Glauben gerungen wurde. Die Kreisstadt Neuburg an der Donau, ehemals Pfalz-Neuburg, ist ein Paradebeispiel für Reformation und Gegenreformation - weshalb sich die Stadt entschieden hat, auch die hier vor 400 Jahren erfolgte Gegenreformation in die Ausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube – Reformation und Gegenreformation" aufzunehmen. Damit hebt sie sich von den zahllosen Ausstellungen zum 500. Reformationsbegehen ab.

Fürstentum Pfalz-Neuburg: Wer evangelisch bleiben wollte, musste auswandern

Sechs Fürsten in rund 200 Jahren prägten eine wechselhafte Geschichte, die der Besucher im zum atemberaubenden Kreuzgang umgebauten Fürstengang, dem Herzstück der Ausstellung, durchschreiten kann. Das erste Abteil ist Ottheinrich gewidmet, der zum Luthertum konvertierte, während seine Gattin Susanna bis an ihr Lebensende katholisch blieb. Seine Nachfolger Wolfgang und Philipp Ludwig blieben evangelisch, Wolfgang Wilhelm konvertierte aus politischen und persönlichen Gründen zum Katholizismus, den seine Nachfolger Philipp Wilhelm und Johann Wilhelm festigten.

Wie schwer die Glaubenswechsel für das Volk waren, ist an Hörstationen mit beklemmenden Verhörprotokollen aus der Zeit der Gegenreformation nachvollziehbar. "Die Bevölkerung musste sich entscheiden", erzählt Roland Thiele, Vorsitzender des Historischen Vereins Neuburg. Wer evangelisch bleiben wollte, musste letztlich auswandern. Viele hätten sich für einen Rückzug ins Private entschieden, seien selber evangelisch geblieben, hätten aber ihre Kinder in die katholische Schule und Kirche geschickt.

Ein Relief des Fürsten und Landesherrn Ottheinrich.
Ein Relief des sagenhaften Fürsten und evangelischen Landesherrn Ottheinrich: Erbaute Pfalz-Neuburg zum Musterstaat um.

Wer das Neuburger Schloss kennt, wird überrascht sein von den kurzen Wegen, die sich mit der Öffnung des Fürstengangs ergeben. Wie einst die Fürsten darf nun auch der Ausstellungsbesucher über den Fürstengang in die Hofkirche laufen.

Schlosskapelle Neuburg: Erster protestantischer Kirchenbau

Der Rundgang beginnt in der Schlosskapelle, die mit ihrem von Andreas Osiander stammenden Bildprogramm als ältester protestantischer Kirchenbau gilt, und endet in der als evangelische Hallenkirche konzipierte, aber aufgrund der während der Bauphase erfolgten Gegenreformation katholisch ausgestatteten Hofkirche. Authentischer könnten die Schauplätze kaum sein. In den Amalienzimmern des Schlosses werden christliche Traditionen vor und nach der Reformation gegenübergestellt.

Brückenschlag zur Gegenwart bleibt Besucher überlassen

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte die Ausstellung als kulturhistorischen Magneten: "An Originalschauplätzen lädt die facettenreiche und moderne Ausstellung zu einer spannenden Reise in die Vergangenheit der ehemaligen Residenzstadt Neuburg ein. Gleichzeitig werden wir daran erinnert, dass die religiöse Freundschaft zwischen den christlichen Konfessionen ein festes Fundament für Frieden und Solidarität in unserem Land ist."

Insgesamt sind 160 Exponate von 30 Leihgebern aus ganz Deutschland zu sehen: Gold- und Schmiedearbeiten, Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Bücher, Originaldokumente, kunsthandwerkliche Objekte und Textilien, die spannende Einblicke in jene bewegte Zeit vermitteln. "Wir haben bewusst auf den Brückenschlag zur Gegenwart verzichtet", sagt Kurator Michael Teichmann, der bleibe dem Besucher überlassen.

Informationen zur Ausstellung in Neuburg

Die Ausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube – Reformation und Gegenreformation" ist bis 5. November 2017 in Schloss, Fürstengang und Hofkirche Neuburg zu sehen. Geöffnet ist sie Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr. Mehr Informationen, auch zu Rahmenprogramm und Museumspädagogik, finden Sie unter www.fuerstenmacht.de.

500 Jahre Reformation

Dossier

Vor 500 Jahren hat der Theologe Martin Luther (1483-1546) mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen die Reformation angestoßen, die zur Spaltung von evangelischer und
katholischer Kirche führte. Wie haben Gemeinden, Dekanate und Kirchenkreise das Reformationsjubiläum 2017 gefeiert? Was ist für den Reformationstag am 31. Oktober geplant? Und warum ist der dieses Jahr ein Feiertag? Erfahren Sie mehr in unserem Dossier unter www.sonntagsblatt.de/reformation!