Herr Piper, was wird Ihr erstes großes Projekt als Regionalbischof sein?

Axel Piper: Ich möchte die Menschen im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben kennenlernen. Das Erste, was ich tun werde, wird daher sein, die Gemeinden und Dekanate zu besuchen. Ich möchte wissen, was den Leuten dort unter den Nägeln brennt, was ihnen Freude macht - aber auch, was sie beschwert.

Warum ist Ihnen das wichtig? 

Piper: Die Menschen sind - nach unserer Botschaft - das größte Kapital, das wir als Kirche haben. Sie müssen gerne bei uns arbeiten, sowohl haupt- als auch ehrenamtlich. Mir ist es wichtig, dass wir auch auf der obersten Ebene der Kirchenleitung verstärkt darüber nachdenken, wie wir wieder mehr Menschen als Pfarrerinnen und Pfarrer gewinnen können. Im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben machen im nächsten Frühjahr drei Vikarinnen und Vikare ihre Prüfung. Das ist eindeutig zu wenig.

Wie kann man das ändern? 

Piper: Wir müssen an die Strukturen ran, in denen Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten. Natürlich muss ein Pfarrer da sein, wenn er gerufen wird - aber nicht an sieben Tagen die Woche. Da muss es Vertretungslösungen geben. Die Pfarrer dürfen nicht das Gefühl haben, pausenlos erreichbar - und damit immer angespannt sein zu müssen. Ich glaube, die unstrukturierte Arbeitszeit ist einer der Hauptgründe, warum Menschen den Pfarrer-Beruf nicht mehr attraktiv finden.

Auf der anderen Seite finden viele Menschen Kirche und ihre Botschaft nicht mehr attraktiv. 

Piper: Ich denke, das eine hängt mit dem anderen zusammen. Wenn unsere Mitarbeiter das, was sie tun, mit Freude tun, dann färbt das auch auf andere ab. Deswegen ist es für mich entscheidend, dass kirchliche Mitarbeiter genug Kapazitäten haben, um nach draußen zu gehen - dorthin, wo die Menschen sind. Wir müssen viel mehr Besuche machen, auf andere zugehen, um ein Gespür dafür zu bekommen: Was wollen die Menschen heute?

Wie kann man dafür Freiräume schaffen?

Piper: Indem wir Bürokratie abbauen. Zu viele Dinge müssen bei uns einen langen, bürokratischen Weg gehen, bis sie genehmigt werden. Das raubt den kirchlichen Mitarbeitern unheimlich Zeit. Ein Pfarrer, der ständig am Schreibtisch sitzt und Formulare wälzt, hilft niemandem. Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Menschen.

Wie wichtig ist die Ökumene, um die Menschen wieder für die Kirche zu gewinnen?

Piper: Sie ist unabdingbar. Wir Christen müssen da Einheit zeigen. Wir sollten unsere Unterschiede nicht verleugnen, aber es besteht kein Grund, uns gegenseitig das Leben schwer zu machen mit dogmatischen Streitereien. Wenn wir Menschen für das Christentum gewinnen wollen, ist es doch zweitrangig, ob jemand evangelisch oder katholisch ist. Wir müssen zeigen, dass christlicher Glaube relevant für das heutige Leben ist, und uns nicht etwa im Streit um das Abendmahl verlieren. 

Wie sehen Sie die Chancen dafür?

Piper: Ich glaube, die Basis ist oft schon weiter als wir Theologen. Wenn jemandem das Abendmahl wichtig ist, dann ist es doch kontraproduktiv zu sagen: Weil wir im Amtsverständnis auseinander liegen, kannst Du nicht daran teilnehmen. Das versteht kein normaler Mensch. Wir müssen umgekehrt denken: Seien wir froh, dass für Menschen das Abendmahl wichtig ist, und laden wir sie dazu ein. Noch schöner wäre es, wenn wir es endlich gemeinsam feiern könnten.

Sie bezeichnen sich selbst als "bekennender Südbayer". Wie fühlt es sich an, nun ein Schwabe zu sein? 

Piper: Es fühlt sich sehr südbayerisch an (lacht). Im Ernst: Ich finde nicht, dass die Unterschiede zwischen Oberbayern und Schwaben so groß sind - und ich kenne ja bereits beide Seiten. Ich freue mich jedenfalls sehr, künftig in Augsburg leben zu dürfen.