Geflüchtete in Bayern sollen ab Frühjahr 2024 so gut wie kein Bargeld mehr erhalten. Stattdessen sollen sie eine Bezahlkarte bekommen, mit der sie räumlich beschränkt einkaufen könnten, sagte Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München.

Online-Einkäufe oder Überweisungen, etwa in die Heimatländer der Geflüchteten, seien dann nicht mehr möglich. Ein entsprechendes Konzept für eine solche Bezahlkarte habe das Innenministerium vorgelegt. Opposition und Sozialverbände sehen das Vorhaben kritisch.

Geplante Bezahlkarte für Geflüchtete in Bayern

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, kritisierte, dass die Bezahlkarte in Erding und in Zirndorf im Pilotprojekt nicht funktioniert habe, weil lokale Händler sie nicht als Zahlungsmittel akzeptiert hätten. Es sei daher unverantwortlich, Bayerns Behörden in einem "Hauruck-Verfahren" diesen enormen Verwaltungsaufwand aufzuladen.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht die Staatsregierung mit der Bezahlkarte "auf dem völlig falschen Weg".

Eine solche Karte sei "reine Symbolpolitik verbunden mit einem enormen Bürokratieaufwand für vielerorts ohnehin überlastete Behörden", sagte Vorständin Margit Berndl.

Außerdem bedeute der ausschließlich bargeldlose Zahlungsverkehr für die Geflüchteten vollends den Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben.

"Bezahlkarten verhindern Integration, stigmatisieren Geflüchtete und schränken ihr Recht auf Selbstbestimmung ein", kritisierte Berndl.

Mehr Geflüchtete in Bayern

Die Staatsregierung verwies auf die stark gestiegenen Zahlen von Geflüchteten in Bayern. Für dieses Jahr rechne man mit insgesamt mehr als 50.000 neuen Asylbewerbern. Bis Ende Oktober seien fast 43.000 Geflüchtete angekommen - vor allem aus den Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan und der Türkei, sagte Staatskanzlei-Chef Herrmann.

Das seien knapp 97 Prozent mehr Zugänge als im Vorjahreszeitraum. Deutschlandweit werde für dieses Jahr mit rund 380.000 neuen Asylbewerbern gerechnet.

Dieser große Zuwachs stelle eine "enorme Belastung" für die Kommunen dar. Die Lösung kann laut Herrmann nur sein, den Neuzugang insgesamt zu reduzieren, etwa durch die Einführung eines Bezahlkartensystems. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte, dass man ausschließen müsse, dass Geflüchtete staatliche Leistungen in ihre Heimatländer schickten und es dort für Schlepper verwendet werde.

Sprachfähigkeit als Schlüssel zur Integration

Daneben kündigte Staatskanzlei-Chef Herrmann mit Blick auf die wachsende Migration verpflichtende Sprachtests für Kinder an, bevor sie eingeschult werden. Die Sprachfähigkeit sei der Schlüssel zur Integration. Kinder müssten in der Lage sein, dem Unterricht zu folgen. Wenn das Sprachniveau zu niedrig sei, müssten die Kinder verpflichtend Sprachunterricht erhalten oder ein zusätzliches Vorschuljahr absolvieren. Es dürfe nicht mehr von der Willkür der Eltern abhängen, ob Kinder Deutsch sprechen oder nicht.

Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Schulze betonte, dass Deutsch der Schlüssel für den Erfolg in Schule und Beruf sei. "Nur durch eine gezielte Sprachförderung kann Kindern mit Defiziten der Weg ins Leben hier in Bayern geebnet werden." Es sei daher wichtig, die Lern- und Förderangebote massiv auszubauen.

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