Ob gold-glänzender Schatz vergangener Zeiten oder aktuelles Zahlungsmittel: Münzen sind kleine Kunstwerke, die die Zeiten überdauern.

Münzen und Medaillen - aus Gold, Silber, Kupfer oder Edelstahl - seien die zähesten und langlebigsten Kulturobjekte überhaupt, sagt Victor Huster. "Ambulante Denkmale" nennt er sie.

Victor Huster ist Münzgestalter

Huster weiß, wovon er spricht. Er ist Münzgestalter, hat in fast 50 Jahren etwa 1.000 Objekte geschaffen, Regenbogenschüsselchen aus Rheingold ebenso wie 10-Euro-Münzen oder kirchliche Gedenkmedaillen. In seiner Werkstatt in Baden-Baden entwirft, bearbeitet und prägt er die Münzen selbst, in Handarbeit.

Der 66-Jährige rückt seine Brille zurecht, schaltet die Lampe über dem Werktisch an. Vor ihm liegt eine weiße Gipsscheibe. Mit Bleistift zeichnet er darauf einen ersten Entwurf, ritzt dann mit feinen Haken und Spitzen seiner Modellierwerkzeuge eine plastische Struktur ein. Überschüssige Gipskörnchen entfernt er mit einem Rasierpinsel.

Mit viel Fingerspitzengefühl bearbeitet Huster die Münzen

Um Kunst auf die kleinen Metallstücke zu bringen, ist viel Fingerspitzengefühl nötig. Für jede Münze braucht man zwei Gipsmodelle, von Vorder- und Rückseite.

Daraus fertigt Huster einen Ausguss in Kunstharz, der maschinell in Millimeterarbeit auf einen Stahlzylinder übertragen wird, den Prägestempel. Auch hier zeigt der Künstler seine Liebe zum Detail: Beim fertigen Prägestempel nimmt er noch kleine Korrekturen per Hand vor. Das Motiv soll perfekt sein.

Gedenkmedaillen von Brandt, Orff, Goethe und Luther

Wann eine Münze besonders gelungen ist? Wenn sie den Betrachter für einen Augenblick verzaubert, sagt er und blickt auf einige glänzende Exemplare seiner Sammlung. Für Gedenkmedaillen hat er etwa Willy Brandt, Carl Orff, Johann Wolfgang von Goethe oder Martin Luther porträtiert.

Schon als Zwölfjähriger habe er in Baden-Badener Antiquariaten nach Münzen gestöbert, erzählt Huster. Nach der Schule macht er eine Ausbildung zum Juwelen-Goldschmied. Eine Ausbildung als Münzgestalter habe es in Deutschland nicht gegeben. Auch heute hält er an der traditionellen Handwerkskunst fest, einen Computer benutzt er für seine Entwürfe nie.

Huster gestaltete verschiedene Bundesmünze

Huster ist mit vielen Preisen ausgezeichnet worden, hat Bundesmünzen gestaltet wie die 10-Euro-Münze "300 Jahre Fahrenheit-Skala" (2014). Auch die israelische Hauptwährungsmünze, das Ein-Schekel-Stück mit der Lilie, das seit 1985 im Umlauf ist, stammt von ihm.

Als deutscher Sieger ging er zudem für die Gestaltung der Vorderseite der Euromünzen ins Rennen. Letztlich wurden aber die Entwürfe des belgischen Münzdesigners Luc Luycx umgesetzt.

Der Münzgestalter entwarf die aktuelle Unions-Gedenkmedaille für die badische Landeskirche

Hinzu kommen eine Vielzahl von Medaillen, also Münzen ohne Geldwert. Eine davon ist die aktuelle Unions-Gedenkmedaille für die badische Landeskirche, von der Huster je 500 bronzene und silberne Stücke prägte.

Reliefartig erinnert der abgebildete Abendmahl-Kelch an die Kirchenunion von Lutheranern und Reformierten vor 200 Jahren. Auch die Brenz-Medaille, die höchste Auszeichnung der württembergischen Landeskirche, hat Huster entworfen und geprägt.

Die Münze blickt auf eine lange Geschichte zurück

Bereits vor 2.600 Jahren wurden Ereignisse von persönlicher, regionaler oder globaler Bedeutung auf Münzen bildlich festgehalten.

Es war der, der um 650 vor Christus das erste Münzsystem erfand. Er garantierte für das Gewicht und den Wert und ließ neben seinem Wappen auch den Wert auf die Münze prägen. Um 750 führte Karl der Große den Denar aus Silber ein, der auch "Pfennig" genannt wurde.

Medaillen aus Flussgold des Rheins, der Donau und der Elbe

Für Sammler entwirft Huster seit einigen Jahren auch Medaillen aus einem seltenen Material: Flussgold des Rheins, der Donau oder der Elbe. Es wird mühevoll aus kleinen Goldflittern des Flusswassers gewaschen, als Nebenprodukt beim Kiesabbau.

Daraus formt er Goldmünzen nach Art der keltischen "Regenbogenschüsselchen": Diese schüsselförmig geprägten Gold- und Silbermünzen waren, der Sage nach, am Berührungspunkt eines Regenbogens mit der Erde zu finden.