Schüler in Bayern können während der Corona-Pandemie bald einen gemeinsamen konfessionsübergreifenden Religionsunterricht erhalten. A

ufgrund der Krise haben die Kirchen mehrere Modelle für befristete Kooperationen zwischen evangelischem und katholischem Religions- sowie Ethikunterricht entwickelt, wie aus einem Schreiben des Kultusministeriums hervorgeht.

Das Katholische Schulkommissariat in Bayern und die evangelische Landeskirche bestätigten dies dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Verschiedene Modelle für gemeinsamen Religionsunterricht

Für einen "temporär kooperativen Religionsunterricht" haben das Katholische Büro Bayern und das evangelische Landeskirchenamt vier autorisierte Modelle erarbeitet.

Diese sollen in der Pandemie von den Schulen "als Ergänzung zum konfessionellen Religionsunterricht" angeboten werden können, heißt es in dem Schreiben, das am Montag an die Schulen ging.

So könne "in besonderen Fällen" die Bildung von klassenübergreifenden Gruppen vermieden werden, die in Religion und Ethik aus organisatorischen Gründen häufig stattfindet.

Ethikunterricht als Besonderheit in den Vorschlägen

Zwei der Modelle schließen den Ethikunterricht mit ein, bei den anderen muss er extra organisiert werden. Die Modelle seien in allen Jahrgangsstufen aller Schularten anwendbar, außer in der Qualifikationsphase an Gymnasien, hieß es.

Die Schulleitung entscheide, ob eines der Modelle eingeführt wird. Unabdingbare Voraussetzung sei, dass alle betroffenen Eltern und Lehrkräfte zustimmen.

Die Modelle im Schnelldurchlauf

Bei Modell A werden Religions- und Ethikunterricht in einer Klasse im Turnus gegeben. Dabei bekommen die Schüler der jeweils anderen Konfession eigene Arbeitsaufträge.

In Modell B werden evangelische und katholische Schüler gemeinsam von einer Lehrkraft unterrichtet; diese bestimmt die Konfession des Unterrichts, die andere Lehrkraft wird auch beteiligt.

In Modell C werden evangelische und katholische Schüler "konfessionssensibel" unterrichtet, wobei sich die Lehrkräfte abwechseln.

Modell D bezieht Ethik mit ein: Drei Lehrkräfte wechseln sich ab, die Schüler werden "weltanschaulich sensibel" unterrichtet. Bei den Modellen B bis C soll im Zeugnis eine Bemerkung zur "Corona-Kooperation" stehen.

Schwierigkeiten bei klassenübergreifendem Unterricht

Seit Schuljahresbeginn fordern verschiedene Seiten, statt des üblichen Religions- und Ethikunterrichts die Schüler ersatzweise im Klassenverband zu unterrichten. Schulleitungen und Eltern fürchten durch die klassenübergreifende Zusammensetzung eine erhöhte Ansteckungsgefahr.

An mehreren Schulen, etwa in Dachau, mussten bereits Kinder aus mehreren Klassen in Quarantäne, nachdem sie gemeinsam Religionsunterricht hatten.

Die Planung des Religionsunterrichts sei schon vor Corona herausfordernd gewesen, sagte die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, dem epd. Fachlehrer und Pfarrer müssten passgenau eingesetzt werden, was oft zu "kreativen Gruppenbildungen" führe.

Hoher Nachfragebedarf von Schulen

Vor diesem Hintergrund wurden manche Schulen auf eigene Faust tätig. Zahlreiche Schulleitungen fragten beim Kultusministerium wegen gemeinschaftlicher Unterrichtsformen an.

An einer Grundschule in Puchheim bei München konzipierte das Kollegium einen gemeinsamen "Werteunterricht"; in Fürth trieb eine Schulamtsdirektorin Kooperationen an mehreren Schulen voran. Diese Formen lehnten Ministerium und Kirchen bislang offiziell ab, nun wurden sie nachträglich genehmigt.

Der Religionsunterricht hat Verfassungsrang; auch die Konfessionalität gehört laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts "zum unaufgebbaren Kern" von Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz, so das Kultusministerium. Abweichende Formen müssten von den Kirchen autorisiert werden.

Konfessioneller Unterricht trotz Corona

Doch die Kirchen sehen die Nöte der Schulen aufgrund des Infektionsgeschehens. Der Gesundheitsschutz habe nun "oberste Priorität", die Kirche wolle die Schulen unterstützen, sagte ein Sprecher der Landeskirche. Ziel der neuen Modelle ist es Schulkommissariats-Leiter Prälat Lorenz Wolf zufolge, den konfessionellen Religionsunterricht trotz Corona aufrechtzuerhalten.

Dass auch die Religionslehrer einer Kooperation zustimmen, hält Fleischmann beim Gros der Schulen für realistisch. Hapern könnte es beim Einverständnis der Eltern.

Doch Schulleitungen hätten keine Kapazitäten, um lange um Einigung zu ringen: "Vermutlich setzen viele einfach ein Modell durch und befreien Schüler, deren Eltern nicht zustimmen, vom Unterricht."

Bisherige Modellversuche in Bayern

An Kooperationen zulässig war in Bayern bisher lediglich der Modellversuch des "kooperativ-konfessionellen Religionsunterrichts", der seit 2019 an einzelnen Grund-, Mittel- und Förderschulen läuft.

Dabei werden evangelische und katholische Kinder zusammen unterrichtet, wenn die Mindestteilnehmerzahl von fünf Schülern für den konfessionsgebundenen Unterricht nicht zustande kommt.

Konfessioneller Unterricht nach der Pandemie

Daran, dass nach der Corona-Ausnahmesituation der normale Reli-Unterricht weitergeht, zweifeln weder Kirchen noch Ministerium.

"Sobald die Auflagen zum Gesundheitsschutz auslaufen, ist der reguläre konfessionelle Religionsunterricht wieder aufzunehmen", heißt es im Schreiben. Den Fortbestand sehe die Landeskirche "nicht in Gefahr", so ihr Sprecher.