Das neue Schuljahr ist nur wenige Wochen alt. Meine Vorfreude auf das neue Jahr war wohl noch nie so groß wie bisher: endlich wieder Religionsunterricht. Mitte März hatte ich meine letzte Religionsstunde. Im Sommer nach der Schulschließung war ich nur in der Differenzierung und der Notbetreuung eingesetzt, wie so viele von uns Religionskräften. Aber nicht nur meine Vorfreude, sondern viele Fragezeichen machten sich bei mir breit, als ich die notwendigen Regelungen für den Unterricht gehört habe: Wie gestalte ich meinen Religionsunterricht mit Abstand? So dankbar ich über die Möglichkeit des Unterrichtsstarts auch war, die Neuausrichtung meines Unterrichtes bereitete mir so manches Kopfzerbrechen.

Denn Religionsunterricht heißt für mich eigentlich Gemeinschaft, Singen und Kreativsein. Wie kann ich jetzt Kopf, Herz und Hand berühren, wenn doch Berührungen und spürbare Gemeinschaft gar nicht mehr erlaubt sind? Kann ich trotz des coronakonformen Unterrichts meine Schüler und Schülerinnen für den Religionsunterricht begeistern? Und nach den ersten Wochen Unterricht kann ich das beantworten: JA!

Ich spüre tagtäglich, dass der Religionsunterricht gerade in solchen Zeiten wie jetzt ein wertvoller Schatz ist. Die Kinder mit ihren Fragen, Zweifeln und Ängsten ernst nehmen zwischen all den Unsicherheiten, Regelungen und dem Leistungsdruck in der Schule, der durch Corona nicht weniger geworden ist. Und die Kinder und Jugendliche brauchen den Religionsunterricht, um sich in der momentanen Zeit auch aufgehoben zu fühlen.

Die Kinder brauchen die Hoffnung und den Zuspruch im Religionsunterricht. Und trotz der vielen Regelungen und Verbote kommen die Kinder mit einer großen Neugier und Vorfreude zu mir in den Religionsunterricht, was mich immer wieder auf Neue motiviert sich an die Unterrichtsvorbereitungen zu setzen. „Flexibel im Denken bleiben“, das ist ein Spruch, den ich in der Coronazeit definitiv gelernt habe. Und das flexible Denken bestimmt nun auch meine tägliche Unterrichtsplanung. Wie kann Religionsunterricht mit Abstand im Frontalunterricht funktionieren?

Hier eine Liste mit meinen sieben wertvollsten Methodentipps für einen coronakonformen Religionsunterricht mit Abstand:

Tipp 1 für den Religionsunterricht: Erzählen

Das Erzählen ist wohl die wichtigste Grundmethode des Religionsunterrichtes. Selbst Jugendliche in höheren Klassen hängen einem an die Lippen, wenn man eine freie Erzählung spannend darbieten kann. Hier kann man kleine und große Kinder für die biblische Erzählungen begeistern.

Tipp 2 für den Religionsunterricht: Bildbetrachtung

Gemeinsam eine Bildbetrachtung über den Beamer zu einem bestimmten Thema mit gezielten Impulsen anleiten: Schau dir die Personen genau an? Welchen Gesichtsausdruck oder welche Körperhaltung haben sie? Welche Farben werden in dem Bild verwendet? Was verraten uns die Farben über das Bild?  uvm.
Mit einer gebastelten Lupe oder einem Pfeil kann man den Fokus auf bestimmte Bildelemente lenken.

Tipp 3 für den Religionsunterricht: Körperbild

Ich versuche den Kindern immer wieder durch verschiedene Methoden die Möglichkeit des persönlichen Ausdrucks zu geben. Wenn wir zum Beispiel eine biblische Figur in einer Erzählung kennengelernt haben, sollen sich die Kinder in die Figur hineinversetzen und mit ihrem Körper die Gefühle und Haltung nachspüren. Dazu stehen die Kinder auf, bleiben aber auf ihrem Platz stehen und versuchen ohne Worte die Figur und ihre Gefühle mit ihrer eigenen Körperhaltung darzustellen.

Tipp 4 für den Religionsunterricht: Rollenschlüpfen

So nenne ich meine Methode, wenn die Kinder sich in Personen oder biblische Figuren hinein versetzen sollen und ihre Empfindungen mit gesprochenen Worten ausdrücken sollen. Dabei sollen sie gedanklich sich in die Person hinein fühlen und aus der Perspektive der Person sprechen und Antworten.  Diese Methode lehnt sich an den Bibliolog an.

Tipp 5 für den Religionsunterricht: Ausdruck auf dem Papier

Nicht nur mit gesprochenen Worten kann man seine Gedanken ausdrücken, sondern auch auf dem Papier. So finde ich es gerade für die älteren Schüler und Schülerinnen eine wunderbare Möglichkeit eine Schreibaufgabe zu stellen: Tagebucheintrag, Brief, Zeitungsartikel oder auch Sprech- und Denkblasen füllen lassen. Auch hier muss sich in eine bestimmte Person hineingefühlt und eigene Gedanken dazu formuliert werden.

Tipp 6 für den Religionsunterricht: Pfeifenputzer-Figuren

Aus zwei langen Pfeiferputzerdrähten lässt sich ganz schnell eine kleine Figur mit Kopf, Hände und Beine basteln. Jedes Kind bekommt so eine Figur, die zum Beispiel eine Einheit begleiten kann (z.B. Josef, Petrus usw.). Dabei bekommen die Kinder die Aufgabe, mit ihrer Figur die Gefühle und Empfindungen der biblischen Figur in der Situation nachzufühlen und die Figur dementsprechend zu biegen.

Tipp 7 für den Religionsunterricht: Traumreisen

Stille, Achtsamkeit und Ruhe – in unserer hektischen Welt sind Traumreisen dafür sehr geeignet. Dabei kann mit einem gesprochenen Text einer Traumreise, mit Musik, mit dem Ton einer Klangschale oder auch einfach mit der absoluten Stille gearbeitet werden.

Praktische Tipps zum Religionsunterricht und Einblicke in meine Arbeit findet ihr auch auf meinem Instagramkanal frau_religionslehrerin
 

 

 

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