Halten konnte Johann Konrad Ulmer sein reformatorisches Werk droben am Main nicht für alle Zeit. Aber er kehrte in seine Heimatstadt am Rhein zurück und festigte dort die neue Lehre. Hier war er als Sohn eines Schneider-Zunftmeisters aufgewachsen, in Basel und Straßburg hatte er zuerst studiert, dann in Wittenberg.

Der pensionierte Studiendirektor Günter Opp lebt heute in Lohr. Er hat viel über den Wahl-Unterfranken Ulmer geforscht, einen einschlägigen Kirchenlexikon-Artikel verfasst und weiß über Johann Konrad Ulmers 1537 begonnene Studienzeit, der Schaffhausener habe als weitere Station auch in Wittenberg studiert, und zwar unter anderem bei Luther: "Aber Melanchthon, Melanchthon war ihm besonders wichtig."

Ein Diener Christi

Melanchthon habe 1542 den Vorsitz bei Ulmers theologischer Magisterprüfung gehabt. Luthers enger Freund Johannes Bugenhagen habe den Kandidaten im Jahr darauf ordiniert.

Dem "Historischen Lexikon der Schweiz" ist Ulmers anschließende erste Berufsphase immerhin den Eintrag wert: "Im selben Jahr berief ihn Graf Philipp III. von Rieneck in das Amt des Hofpredigers von Lohr am Main. Unter Ulmer wurde die Grafschaft im reformatorischen Sinn umgestaltet. Grundlage dafür war eine von ihm verfasste, nicht erhaltene Kirchenordnung."

Sie dürfte mindestens tauglich gewesen sein. Schließlich handelte Ulmer in seiner Lohrer Zeit überlegt und umsichtig, eher bescheiden als mit dem Übereifer, der andernorts zahlreichen reformatorischen Bestrebungen schadete. Oder, so Opp im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon: Ulmer lässt sich "nicht eindeutig einer bestimmten Richtung zuordnen. Vielmehr nimmt er eine zwischen Luther und Melanchthon bzw. Zwingli vermittelnde Stellung ein; sagt er doch selbst von sich, er wolle ein Diener Christi sein". Position nahm er gegen die Abendmahlslehre des lutherischen Konkordienbuchs, insbesondere gegen Jakob Andreae ein.

Zurückberufung durch Heimatstadt

Die Bewährungsprobe für den Schaffhausener kam, als sein Landesherr Graf Philipp von Rieneck 1559 ohne männliche Erben starb. Die Grafschaft fiel an einen hochrangigen Katholiken, den Kurfürst-Erzbischof von Mainz. Und der ließ Ulmer sieben weitere Jahre am Main wirken, ja, auch nach dessen Weggang blieb in Lohr die Luther-Bibel noch fast 20 Jahre lang in Gebrauch.

Was inzwischen am Rhein geschah, erklärt die Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons Schaffhausen so: "Nachdem Sebastian Hofmeister zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Reformation nach Schaffhausen gebracht hatte, sorgte Ulmer auf Einladung des Rats von 1566 bis zu seinem Tod als Dekan für deren Durchsetzung." Kurz: Seine Heimatstadt hatte ihn zurückberufen.

Nach drei Jahren hatte der tatkräftige Endvierziger sowohl einen neuen Katechismus als auch ein reformatorisches Gesangbuch aufgestellt und eingeführt. Er arbeitete permanent an der Kirchenordnung, aber auch für das Schul- und Stipendiatenwesen. Sein Nachlass liegt nicht nur in schweizerischen Archiven. Auch die Bayerische Staatsbibliothek München hegt zwei Bände mit Abschriften von Briefen (und einigen Originalen), in denen Ulmer in Schaffhausen Kontakt mit seinen früheren Lehrern und anderen Theologen hielt.

Die Schweiz zu Gast in Lohr

Am 500. Geburtstag von Johann Konrad Ulmer, dem 31. März, gedenkt der 10-Uhr-Gottesdienst in der Auferstehungskirche Lohr des Reformators. Am Gemeindeabend, dem 11. April, erwartet das Ulmer-Haus um 19.30 Uhr den Vortrag von Prof. Erich Bryner aus Schaffhausen. Der Referent über Ulmer als "Theologe, Dichter und Kirchenpolitiker" war Professor für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät Zürich, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Jubilar und gab dessen Schaffhausener Katechismus neu heraus.

Darüber hinaus freuen sich die Lohrer auf den 1. September. Denn die Kirchengemeinde St. Johann-Münster aus Schaffhausen bricht Ende August zu einer Dreitagesfahrt auf den Spuren der Reformation auf: Ulm, Lohr, Rothenburg. Der Spessartort ist dabei der einzige, an dem die Reisegruppe einen ganzen Tag lang verweilt – zu Gottesdienst, Begegnung mit dem Ulmer-Freundeskreis und kulinarischer Spessartfahrt. Der Rothenburg-Aufenthalt folgt der Überlieferung, dass auch Johann Konrad Ulmer an der Tauber pausierte, als er von Lohr nach Schaffhausen zurückreiste. Und Ulm? Die Station plante man nicht aufgrund des Lesefehlers "Ulmer-Münster" ein. Vielmehr mache die Stadt, erläutert die Einladung, besonders gut die Hintergründe der Reformation sinnfällig.

STADTFÜHRUNG

Die Tourist-Information der Stadt Lohr lädt zur kostenlosen Stadtführung auf den Spuren des Reformators am Sonntag, 24. Februar. Treff: 14 Uhr vor der katholischen Kirche St. Michael.