Der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in Bayern wächst stetig. Gemessen an der Gesamtbevölkerung liegt die Armutsgefährdungsquote derzeit bei 14,9 Prozent, sagte der Oberpfälzer VdK-Bezirksgeschäftsführer Christian Eisenried bei der Armutskonferenz in Regensburg. "Das Risiko, in Armut zu landen, ist damit in den vergangenen zehn Jahren in Bayern um 10,4 Prozent gestiegen."
In Niederbayern (17,7 Prozent), Oberfranken (17,7) und der Oberpfalz (16,1) liegt die Armutsgefährdungsquote bayernweit am höchsten. Im Vergleich dazu: In Oberbayern sind 11,6 Prozent armutsgefährdet. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren hat das höchste Armutsrisiko mit einer Gefährdungsquote von 21,9 Prozent. Diese Quote sei bei Rentnern und Rentnerinnen in Bayern in den vergangenen zehn Jahren von 17,6 auf 21,9 Prozent und damit um 24,4 Prozent gestiegen. Frauen mit 65 Jahren und älter sind am meisten gefährdet: Die Armutsgefährdungsquote liegt bei ihnen mit 24,5 Prozent am höchsten. Als armutsgefährdet in Bayern gilt, wer weniger als 1039 Euro im Monat zum Leben zur Verfügung hat. Laut Prognose des VdK wird im Jahr 2030 jeder vierte Rentner in Deutschland von Armut bedroht sein.
Mehr Grundsicherungsbezieher
Auch die Zahl der Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, steigt stetig an. In einer Stadt wie Regensburg beziehen laut Angaben des Sozialamts 38 Prozent mehr Menschen Grundsicherung als noch vor zehn Jahren. "In Bayern beziehen derzeit über drei Prozent der Menschen im Rentenalter Leistungen der Grundsicherung", sagte der Regensburger Sozialamtsleiter Wilhelm Weinmann. In Regensburg fällt dieser Wert seinen Angaben zufolge mit 1,4 Prozent deutlich niedriger aus. Wer als Rentner nach Abzug der Kosten für Wohnung, Kranken- und Pflegeversicherung weniger als 416 Euro pro Monat zur Verfügung hat, hat Anspruch auf Grundsicherung.
Von der Statistik nicht erfasst werde die "verdeckte Armut", die sich auf bedürftige Menschen bezieht, die ihnen zustehende Leistungen aus Scham oder Unkenntnis nicht in Anspruch nehmen, sagte Eisenried. Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) gehen von 3,1 bis 4,9 Millionen Betroffenen in Deutschland aus.
Tafel als letzte Rettung
Organisiert wurde die Armutskonferenz von Sozialen Initiativen, Attac, pax christi, ver.di, dem VdK-Sozialverband und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, die Stadt stellte Referenten. Mitorganisatorin Karin Prätori forderte eine Wiederauflage des "Berichts zur sozialen Lage" in Regensburg, der 2011 zuletzt erschien. "Nur durch eine sinnvolle Bestandsaufnahme können Maßnahmen und Konzepte gegen Armut entwickelt und evaluiert werden."
Dass vielen Menschen ihre Rente nicht mehr zum Leben reicht, legte auch Georg Forster von der Regensburger Tafel dar. 3500 Menschen bezögen von der ehrenamtlichen Initiative pro Woche Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist und die von Supermärkten gespendet würden. Rund ein Viertel davon seien Rentner, ein Viertel Kinder und Jugendliche und die Hälfte Menschen im berufstätigen Alter.
Kostenlose Angebote
Über kostenlose Angebote für Senioren informierte Petra Frauenstein, die stellvertretende Leiterin des Seniorenamts der Stadt Regensburg. Trotz niederschwelliger und offener Angebote würden diese oft nicht wahrgenommen. Sie begründete dies mit dem "Zufriedenheitsparadoxon", nach dem sich ältere Menschen selten als arm outen und eher zurückhaltend bei der Frage nach Unterstützung reagierten.
Für Reinhard Kellner von den Sozialen Initiativen besteht das Hauptproblem darin, "wie diese 25 Prozent Senioren erreicht werden können, die von Armut bedroht sind". Unter den unzähligen Initiativen, die es gebe, kenne er keine, die sich das Thema Altersarmut auf ihre Fahne geschrieben habe.