Wer am sozialen Sicherungssystem in Deutschland teilhat, hat weniger Sorgen. Das hat die Bundesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in München betont.
Sie glaube an die bewährten Mittel des Sozialstaats, sagte sie und forderte die Systeme für alle Bürger*innen anzulegen. In sie sollte vom Minijobber bis zum Spitzenverdiener jeder einzahlen.
Bentele: Umbau des Sozialversicherungssystems ist politisch vernünftig
"Die viel gepriesene Eigenverantwortung funktioniert nicht immer", stellte sie dagegen mit Blick auf Selbstständige ohne Job oder im Alter fest.
Ein Umbau des Sozialversicherungssystems sei "nicht nur sozial gerecht, sondern auch politisch vernünftig", erklärte Bentele. Die Sozialversicherung für alle entlaste den Staat bei den Sozialausgaben.
VdK: Deutscher Sozialstaat besteht Corona-Stresstest
In der Pandemie hat nach Ansicht des VdK der deutsche Sozialstaat "den Stresstest bestanden".
Wer in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei, habe Kurzarbeitergeld erhalten, wer eine Rente beziehe, habe keinen Monat Angst haben müssen, dass er keine Rente erhalte, so Bentele. Dagegen seien aber nicht versicherte Minijobber*innen und Solo-Selbständige durch das Raster gefallen.
Bentele: Kluft zwischen Arm und Reich wächst
Bentele betonte, dass auch ein sozial gerechteres Steuersystem geschaffen werden müsse. Denn die Kluft zwischen Arm und Reich wachse, während die Mittelschicht immer mehr schrumpfe.
"Das muss die nächste Bundesregierung unbedingt anpacken", so Bentele. Sie kritisierte außerdem, dass dem Staat jährlich 125 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren gingen. Die Taten müssten besser verfolgt und bestraft werden.
VdK fordert eine "Gerechtigkeitsdebatte"
Dabei wolle der VdK keine "Neiddebatte", erklärte die VdK-Vorsitzende. "Was wir führen ist eine Gerechtigkeitsdebatte".
Eine Wahlempfehlung für die Bundestagswahl gebe der VdK nicht, werde in den kommenden Wochen aber öffentlich Diskussionen mit Politiker*innen führen und versuchen, die Wahlberechtigten für seine Themen zu sensibilisieren.
In der Pandemie waren viele Menschen auf Hilfe angewiesen
Die Pandemie habe Arm und Reich in Deutschland noch weiter voneinander entfernt, stellte auch die bayerische VdK-Vorsitzende Ulrike Mascher fest.
Zur Bahnhofsmission in München seien während der Pandemie oft 700 Menschen täglich gekommen, um sich Tee und etwas zu Essen zu holen, berichtete sie. In München seien vor allem die Mietkosten "ein echter Armutstreiber", sagte Mascher. Weil auf dem freien Wohnungsmarkt nichts Billiges zu finden sei, würden arme Menschen am Essen, der Heizung oder an Medikamenten sparen.
Mascher forderte daher eine Neuberechnung der Regelsätze der Grundsicherung. Außerdem spricht sie sich für einen Freibetrag für Einkommen aus der gesetzlichen Rente aus. Einen solchen Freibetrag gebe es schließlich auch für Einkommen aus privater oder betrieblicher Vorsorge.
Mascher fordert mehr Rentenpunkte für Mütter
Die Forderung nach mehr Rentenpunkte für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, erhebe die VdK schon lange, erklärte Mascher. Sie hoffe dass dieser Programmpunkt der CSU für die Bundestagswahl nicht nur ein "Nebenkriegsschauplatz im Säbelrasseln mit der CDU" sei.
Nach Angaben des Landesgeschäftsführers des VdK in Bayern, Michael Pausder, seien dem Verband im Freistaat allein im Jahr 2021 34.000 neue Mitglieder beigetreten. Man habe nun 746.000 Mitglieder. Deutschlandweit gehören nach Angaben Benteles 2,1 Millionen Menschen dem VdK an.