Der Sozialverband VdK hat am Dienstag mit seiner Demo-Aktion "Nächstenpflege" in sieben bayerischen Städten für mehr Wertschätzung in der häuslichen Angehörigenpflege geworben. Diese neue Art "Stiller Demo" ohne menschliche Beteiligung sei eine neue Idee, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Dienstag in München.

Menschen, die jemanden zu Hause pflegten, hätten nämlich gar keine Zeit, um selbst für die Verbesserung ihrer Situation zu demonstrieren. Stellvertretend für die Betroffenen wurden deshalb Schilder mit Zitaten, die deren Nöte und Sorgen ausdrücken, aufgestellt.

Auch in Bayern sei die Belastung von Angehörigen in der häuslichen Pflege erheblich, sagte die bayerische VdK-Chefin Ulrike Mascher. 60 Prozent der Pflegenden hätten gesundheitliche Probleme und vernachlässigten wegen der großen Belastung ihre eigene Gesundheit. Das habe eine Studie ergeben, die der VdK vergangenes Jahr in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück mit 56.000 Menschen gestartet habe. 27 Prozent könnten nachts nicht durchschlafen, weil auch nachts Pflege nötig sei. Hinzu komme, dass der Großteil der Menschen, die einen Angehörigen pflegten, erwerbstätig seien und durch ihr Engagement auf einen Teil ihres Verdienstes verzichteten. 40 Prozent der Pflegenden würden wegen der Pflege 500 Euro weniger im Monat verdienen.

Der Sozialverband VdK fordert deshalb mehr unabhängige Beratungsstellen, einen Ausbau der Angebote für Angehörige und Pflegebedürftige, Kurzzeitpflegeplätze und einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz. Auch müssten bürokratische Hürden abgebaut werden. "Für viele ist es eine Überforderung zu wissen, auf was sie eigentlich Anspruch haben", sagte Bentele. Außerdem müsse das Pflegegeld jährlich angepasst werden.

Im Hinblick auf die Alterssicherung setzt sich der VdK auch für einen vollen Rentenpunkt pro Pflegejahr ein.

Dorothee Schiwy, Sozialreferentin der Landeshauptstadt München, stimmte Mascher zu, dass es dringend Kurzzeitpflegeplätze brauche. In München gebe es gerade mal 85 solcher Plätze. Grund dafür sei die fehlende Finanzierung von Vorbehaltsplätzen durch den Bund. "Wir brauchen dringend die Unterstützung der Bundesregierung", erklärte Schiwy. An einem Pflegesystem, das ökonomisiert wurde, könne man als Kommune nur schwer etwas verändern. Die Stadt München hat Schiwy zufolge eine Vollkasko-Pflegeversicherung von der Bundesregierung gefordert.

Die Gesundheitsreferentin der Landeshauptstadt München, Beatrix Zurek, räumte ein, dass die bestehenden Beratungsangebote ihres Referats bislang nicht stark genutzt werden. Umso wichtiger sei es, vorhandene Beratungsangebote zusammenzufassen und besser bekanntzumachen. Der oberbayerische Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) begrüßte in diesem Zusammengang die neu ins Sozialgesetzbuch aufgenommenen Pflegestützpunkte. Bislang gebe es in Oberbayern 16 dieser Stellen, die wohnortnahe Beratung auch zur häuslichen Pflege anbieten sollen. Bis Januar 2023 sollen es 19 Pflegestützpunkte in Oberbayern sein.