Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen im Pflegesystem der Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Psychiatrien deutlich gemacht, aber getan hat sich dagegen noch nicht viel, stellten Verbände, Gewerkschaften und Politiker am Mittwoch fest, am Vortag des Internationalen Tags der Pflege.

Pflegeberuf attraktiver machen

Damit der Pflegeberuf attraktiver wird, forderte die stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern Verena di Pasquale, dass für die Pflege in den Krankenhäusern jetzt schnell die im Koalitionsvertrag versprochene Personalbemessung kommen müsse und auch in der Altenpflege müsse es mehr Personal geben.

"Der Teufelskreis von schlechten Rahmenbedingungen und zu wenig Personal muss durchbrochen werden."

"Mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege - davon profitieren wir alle", sagte sie laut einer Mitteilung des DGB. Eine vergangene Woche vorgelegt Studie habe gezeigt, dass viele Berufsaussteiger wieder in ihren Beruf zurückkehren würden, wenn sie mehr Zeit für gute Pflege durch mehr Personal, bessere Bezahlung und verlässliche Arbeitszeiten hätten.

Holetschek fordert mehr Tempo

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek (CSU) forderte die Bundesregierung ebenfalls zu mehr Tempo bei der Pflegereform auf.

Holetschek sagt:

"Nur zufriedene Pflegekräfte können unser Gesundheitssystem aufrechterhalten und dafür sorgen, dass sich die Pflegebedürftigen wohlfühlen."

"Konsequent vereinfachen, flexibilisieren und entlasten" forderte Holetschek von der Pflegereform. Dass Pflegebedürftigen, Pflegekräften und Pflegeanbietern die Zeit fehle, sich um die bestmögliche Versorgung zu kümmern, weil sie mit zu komplizierten Strukturen beschäftigt seien, könne sich die Gesellschaft nicht leisten.

Um die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern, seien aber auch verlässliche Arbeitszeiten nötig, so der Minister. Dass Pflegekräfte es nicht schafften, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, müsse sich ändern.

Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sei mit der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung und der Akademisierung der Pflege bereits ein wichtiger Schritt gemacht worden, sagte Holetschek. Die Einrichtungen müssten nun die Möglichkeiten, darunter die refinanzierte qualifizierte Praxisanleitung, nutzen.

Neue Ausbildung mangelhaft umgesetzt

Dagegen beklagte Tatjana Sambale, Pflegefachkraft und Betriebsratsvorsitzende einer privat geführten Altenpflegeeinrichtung in Mittelfranken, die neue generalistische Ausbildung in der Pflege sei mangelhaft umgesetzt worden. Dies verschärfe auf vielen Stationen und Wohnbereichen die prekäre Situation der Auszubildenden:

"Überall mangelt es an Zeit und Personal für eine Praxisanleitung, die diesen Namen auch verdient."

Der Anteil der Auszubildenden, die ihre Ausbildung vorzeitig auch aufgrund von Überlastung und Überforderung abbrechen würden, liege bei 30 Prozent.

Auch der Leiter des Bayerischen Landesamtes für Pflege (LfP), Achim Uhl, meldete sich zum Tag der Pflege zu Wort. Um den stetigen Bedarf an Gesundheitsleistungen einer alternden Gesellschaft zu decken, müssten neue und verbesserte Ansätze in Betreuung, Unterstützung und Therapie gefunden werden, gerade für Menschen mit mehrfachen chronischen Erkrankungen.

Er plädierte für akademisch qualifizierte Pflegefachkräfte wie beispielsweise Community Health Nurses, die als erste Ansprechpartnerinnen bei gesundheitlichen Problemen dienen könnten. Sie würden pflegebedürftige Menschen beraten, überwachen und die Hilfe koordinieren, so Uhl.

Aktionen in ganz Bayern

Vor zahlreichen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in ganz Bayern finden am Donnerstag (12. Mai) Aktionen des Pflegepersonals statt. Zum Beispiel in Erlangen protestieren Pflegekräfte mit einer Fahrraddemonstration (16 Uhr am Schlossplatz) für bessere Arbeitsbedingungen. Neben der Gewerkschaft beteiligt sich auch die Initiative Gesundheit statt Profit an an der Demonstration.