Die Menschen brauchen angesichts des Leids in der Welt nach Überzeugung des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm den Heiligen Geist. Er belebe die Seelen, die innerlich ermüdet seien durch die Corona-Pandemie, sagte der evangelische Theologe in seiner Predigt am Pfingstsonntag in der Münchner St. Matthäuskirche laut Redemanuskript.

"Wir brauchen den Schutz des Heiligen Geistes für unsere Gemüter, die fassungslos sind gegenüber einem verbrecherischen Angriffskrieg, der unser in diesem Teil der Welt schon so lange währendes grundlegendes Sicherheitsgefühl ins Wanken gebracht hat."

"Wir brauchen sie so dringend, diese Hoffnungskraft, die Mutlosigkeit überwindet und uns wieder in Bewegung bringt", sagte Bedford-Strohm weiter. So verlören die Menschen Gott auch in diesen Zeiten nicht aus dem Blick. Es gebe Sicherheit, wenn man Dinge erklären, einschätzen und auf sie Einfluss nehmen könne.

"Zugleich ist es gut, dass es Erfahrungen gibt, die wir nicht erklären können. Für die es keine Gründe gibt." Vielleicht könne man sich ihnen nur nähern, wenn man sie als Erfahrungen des Heiligen Geistes deute, sagte der bayerische Landesbischof.

Regionalbischöfin: Christen sind Realisten mit Zuversicht

Die Geschichte von Pfingsten ist laut der Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern eine "Mutmachgeschichte". "Als Kirche sind wir immer in Veränderung. Veränderung gestalten ist Lust und Last zugleich", sagte sie am Pfingstsonntag in ihrer Predigt in Langenfeld (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim).

Wenn die Menschen auf die Kraft Gottes vertrauten, könnten sie "kreativ eine der Zahl nach kleiner werdende Kirche in unserem Land mit Lust, Leidenschaft und Liebe zu den Menschen kraftvoll gestalten".

Das Pfingstwunder inspiriere zum Mut, sich als ganze Kirche zu öffnen, "nach draußen zu gehen, buchstäblich und im übertragenen Sinn", sagte Hann von Weyhern weiter. Sie rief dazu auf, sich nicht zu verstecken, sondern sich zu trauen, "zu sagen, worauf ich vertraue".

Zum Wunder von Pfingsten gehöre es, dass die Anhänger Jesu über Sprachgrenzen und Kulturgrenzen verstanden wurden. Sie redeten von "Gottes einzigartigem Blick auf den Menschen". Er habe gezeigt, wie Menschen eine neue Chance bekommen hätten und jeder wichtig und unverwechselbar sei, sagte die Regionalbischöfin.

"Die Botschaft springt über die Zeiten und ist multiethisch und multikulturell."

Ohne die "Sehnsuchtsspur", dass sich Güte und Wahrhaftigkeit und Frieden und Gerechtigkeit ausbreiten, könnte man die Nachrichten dieser Monate nicht aushalten, sagte Hann von Weyhern.

Die Pfingsterzählung zeige, dass man sich mit Spott und beißender Ironie so eine Vision prima vom Leib halten könne und Christen als naiv bezeichnet worden seien. Aber die Geschichte des Christentums gehe anders weiter.

"Das Urteil der Geschichte lautet: Sie waren Realisten - mit Hoffnung und Zuversicht."

Regionalbischöfin Bornowski: Jeder Christ sollte von Gott erzählen

Pfingsten ist auch für viele Christinnen und Christen nach Ansicht der Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski ein Fest, mit dem sie "gar nichts anfangen können". Das liege vielleicht daran, weil es "nichts zu sehen gibt, nichts zum Anfassen, keine Geschenke im eigentlichen Sinn", sagte die evangelische Theologin am Pfingstsonntag in der St. Johanniskirche in Ansbach laut Predigtmanuskript. Inzwischen sei Pfingsten indes ihr Lieblingsfest im Kirchenjahr.

An Pfingsten feierten die Christinnen und Christen die Aussendung des Heiligen Geistes, erläuterte Bornowski: "Gott gießt seinen Geist aus - wie Wasser auf durstiges, ausgetrocknetes Land. Sein Geist ist belebend, kraftvoll, erfrischend." Der Heilige Geist spiele in der Dreieinigkeit Gottes eine wichtige Rolle, zitierte sie den Kirchenvater Athenagoras:

"Ohne den Heiligen Geist ist Gott fern, bleibt Christus in der Vergangenheit, ist das Evangelium ein toter Buchstabe, die Kirche ein bloßer Verein."

Pfingsten bedeute heutzutage, Menschen für die christliche Botschaft zu begeistern. "Eine Kirche, die sich gerade in schwierigen Zeiten in ihr Schneckenhaus zurückzieht, verkennt eine ihrer wichtigsten Aufgaben: zu den Menschen zu gehen und ihnen von Gott zu erzählen." Dies sei allerdings nicht nur die Aufgabe "der Kirche, sondern dazu sind wir, alle Christinnen und Christen, jeder und jede von uns aufgerufen", sagte Bornowski.

Regionalbischof Stiegler: Auch Pfingsten ist eine Zeitenwende

Pfingsten ist nach Überzeugung des Regensburger evangelischen Regionalbischofs Klaus Stiegler eine "unvorstellbare Zeitenwende". In der biblischen Botschaft würden aus Zögernden Begeisterte, lähmende Angst werde zu einem tätigen Mut, aus privatem Rückzug ein öffentlicher Aufbruch, sagte der Regionalbischof laut Mitteilung am Pfingstsonntag in der Dreieinigkeitskirche in Regensburg.

Gottes Geist habe diese Fähigkeit, den Menschengeist zu inspirieren: Geschockte, eingeschüchterte oder verunsicherte Menschen fänden neue Lebenskraft. Ganz und gar unterschiedliche Menschen und Kulturen könnten ein ungeahntes Kommunikationswunder und ein unvorstellbares Gemeinschaftswunder erleben, sagte Stiegler:

"Gottes Geist ist der Garant solcher Zeitenwenden."

Gerade in diesem Jahr sehnten sich die Menschen danach.

Die evangelische Gemeinde in Langenfeld feiert am Pfingstsonntag das 50-jährige Bestehen ihrer Jesus-Christuskirche. Sie wurde am Pfingstsonntag 1972 eingeweiht.

Heinrich Bedford-Strohm

Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

Heinrich Bedford-Strohm ist seit 2011 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) und war von 2014 bis 2021 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Bedford-Strohm wurde 1960 in Memmingen geboren. Er studierte Theologie in Erlangen, Heidelberg und Berkeley (USA) und promovierte anschließend. Als Professor lehrte und lehrt er an verschiedenen Universitäten, u.a. in Gießen, Bamberg, New York (USA) und Stellenbosch (Südafrika). Sein Vikariat absolvierte er in einer Kirchengemeinde in Heddesheim, als Pfarrer war er in Coburg tätig.