Emmi Bonhoeffer, geborene Delbrück, begleitete ihren Mann Klaus Bonhoeffer in der Zeit des Widerstands. Sie kannte die Familie Bonhoeffer schon aus ihrer Kindheit, wie sie sich später erinnerte: Sie habe mit ihren Brüdern vor dem Mittagessen häufig im Garten Schlagball gespielt, als eines Tages ein "nett aussehender Junge" vorbeigekommen sei und fragte, ob er mitspielen dürfe: "Und das war Dietrich Bonhoeffer".

Emilie und Dietrich stammen aus kinderreichen Familien: Dietrich spielt Klavier, seine  Zwillingsschwester spielt Geige, der ältere Bruder Klaus Cello, und so musiziert Emilie mit den Bonhoeffers. Die Kinderfreundschaften bleiben auch später bestehen, als junge Erwachsene geht es los mit der "Tanzerei", in den großen Häusern wird zu Tanzabenden eingeladen mit zwanzig und mehr Menschen, "und immer gab es einen, der sich ans Klavier setzte, meist Dietrich", schildert Emilie in ihren Erinnerungen, die die Autorin Dorothee von Meding in dem Buch "Mit dem Mut des Herzens – Die Frauen des 20. Juli" zusammengetragen hat.

Die Familien Bonhoeffer und Delbrück sind eng verbunden. In beiden Familien wurde beim Abendessen häufig über Politik gesprochen. Bei Bonhoeffers sei die Erziehung "primär auf Wahrhaftigkeit gerichtet; alles, was aufgemacht war oder vormachen oder imponieren wollte, wurde belächelt", beschreibt das Emilie.

Als Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wird, teilen sich die Meinungen – und schließlich kommt es in Emilies Familie zum Zerwürfnis. Als die Schwester sieht, wie ihre Mutter bei Juden einkauft, stellt sie sie vor die Wahl: "Entweder die Juden oder deine Tochter" – worauf die Mutter antwortete: "Mein Kind, ich wähle die Juden". Das galt auch für den Freundeskreis, wie sich Emilie erinnerte: "Hitler wirkte wie eine Wasserscheide. An ihm trennten sich diejenigen, die sich den Instinkt nicht verschütten ließen für Gut und Böse, und diejenigen, die sich von den vordergründigen Erfolgen verunsichern ließen".

Aus der Jugendfreundschaft wird schließlich eine Ehe: Emilie und Klaus heiraten 1930, bekommen drei Kinder. Klaus arbeitet als Syndikus bei der Lufthansa und sucht ab 1940 systematisch Kontakte zu Widerstandsgruppen. Er ist in die Umsturzpläne eingeweiht und wird in Folge des gescheiterten Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 im Oktober verhaftet und im Februar 1945 zum Tode verurteilt. Kurz vor Kriegsende wird er am 23. April hingerichtet.

Emilie muss für ihre Kinder aufkommen, sie bekommt Pakete aus den USA zugeschickt, vor allem Kleidung, die sie gegen andere Gegenstände tauscht. Sie hat kaum Zeit für ihre Kinder, ist "müde, ungeduldig und anspruchsvoll", wie sie später konstatiert. Das Bild des Vaters, das sie in das winzige Zimmer hängt, wird für die Kinder zu einem erdrückenden "Übervater".

Das Engagement für andere Menschen wird ein Leitmotiv in Emilies Leben. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg baut sie ein Hilfsnetz auf, mit dem Päckchen mit Spenden nach Ostdeutschland geschickt werden.

Als die Auschwitz-Prozesse 1963 beginnen, werden hunderte Menschen zur Zeugenaussage nach Frankfurt geladen. Emilie geht zum Staatsanwalt und beschwert sich, dass nicht nur Prominente, sondern auch die Zeugen unterstützt werden müssten. Und so bekommt sie den Auftrag, die Zeugen zu betreuen. Sie habe immer das Gefühl gehabt, "daß man es den Überlebenden des Holocaust schuldig ist, sich ihre Geschichte genau anzuhören, zumindest den Versuch zu unternehmen, ihr Leid nachzuempfinden", erinnert sie sich. Selbst im hohen Alter engagiert sie sich für Amnesty International oder schreibt Briefe gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland. Sie stirbt 1991 in Düsseldorf.

Dietrich Bonhoeffer: Leben und Werk

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) gilt als einer der wichtigsten Vertreter des christlichen Widerstandes im Nationalsozialismus. Die Ausstellung schildert das Leben und Werk des evangelischen Pfarrers und kann ausgeliehen werden.

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