In die Debatte um Lockerungen beim kirchlichen Arbeitsrecht für queere Mitarbeitende der katholischen Kirche ist Bewegung gekommen. Auch in bayerischen Bistümern und Erzbistümern mehren sich die Stimmen, die für eine Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts eintreten, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes ergab. Bislang konnte die sexuelle Orientierung oder das Beziehungsleben der kirchlichen Mitarbeitenden ein Kündigungsgrund sein.

Der Passauer katholische Bischof Stefan Oster will künftig auf queere Menschen zugehen, kündigte er an. Er sei sehr bewegt gewesen von der Aktion "#OutInChurch" und nach dem Film "Wie Gott uns schuf", teilte er mit. Bei der bundesweiten Aktion hatten sich im Januar 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche öffentlich als lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder nicht-binär geoutet. Das kirchliche Arbeitsrecht lasse sich nicht mehr buchstäblich auslegen, kündigte Oster an. Bis zu einer möglichen Veränderung wolle er deshalb "mit Wohlwollen" auf den Einzelnen schauen, der "im Konflikt mit den Loyalitätsobliegenheiten" lebt, teilte eine Bistumssprecherin mit.

Im Münchner Erzbistum ist man reformwillig 

Im Erzbistum München und Freising habe es in den vergangenen Jahren keine Kündigungen aufgrund der sexuellen Orientierung gegeben, sagte ein Bistumssprecher. "Es sind derzeit auch keine solchen Maßnahmen vorgesehen." Die Erzdiözese setze sich "mit Nachdruck für eine zeitnahe Änderung" des kirchlichen Arbeitsrechts ein, betonte der Sprecher. Damit gehört die Erzdiözese zu den reformwilligen Bistümern in Bayern. Dafür spricht auch, dass Generalvikar Christoph Klingan in einer von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) eingesetzten Arbeitsgruppe mitarbeitet.

Der Würzburger Bischof Franz Jung ist bisher der erste, der eine Garantieerklärung für queere Mitarbeitende abgab. Darin verpflichtet sich der Bischof, dass die sexuelle Orientierung oder das Beziehungsleben kein Kündigungsgrund mehr sein sollen, teilte ein Bistumssprecher mit. Dies gelte bis zur Aktualisierung des kirchlichen Arbeitsrechts. Wie man aus Teilnehmerkreisen hört, soll diese bis zum Sommer abgeschlossen sein. Das sei bei der Versammlung Synodaler Weg Anfang Februar in Frankfurt beschlossen worden.

Viel Zuspruch für Betroffene 

Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick erklärte, dass persönliche Lebensverhältnisse von Mitarbeitenden wie die sexuelle Orientierung oder das Beziehungsleben "kein Grund für die Beendigung eines Arbeitsverhältnis sind".

Bei einer Offenlegung von Homosexualität oder des Beziehungslebens von Beschäftigten im Bistum Eichstätt werde es keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen geben, "sofern die Beteiligten nicht kirchenfeindliches Verhalten damit verbinden", teilte ein Bistumssprecher mit.

In Gesprächen will man einheitliche Lösungen finden 

Der Augsburger Bischof Bertram Meier bewerte das Thema als "sehr sensibel", das Geduld brauche. Auch im Bistum Augsburg hätten sich kirchliche Mitarbeitende bei "#OutInChurch" beteiligt oder unterstützten die Initiative, sagte ein Sprecher. Jeder Einzelfall solle "individuell und sorgsam" angeschaut werden. Sollte Gesprächsbedarf entstehen, werde sich das Bistum "in jedem Fall um eine gute Lösung" bemühen.

Das Bistum Regensburg verweist auch weiterhin auf die Loyalitätspflichten der kirchlich Mitarbeitenden, die in der Grundordnung festgelegt sind, teilte ein Sprecher mit. Wer nicht in Übereinstimmung mit ihnen lebe, dem werde empfohlen, das vertrauliche Gespräch mit dem Generalvikar des Bistums zu suchen. Gemeinsam werde nach einem "einvernehmlichen Weg" gesucht.

Das kirchliche Arbeitsrecht stammt von 2015 

Das kirchliche Arbeitsrecht fußt auf der Grundordnung vom April 2015, die arbeitsrechtlich die Basis für die Mitarbeitenden in der katholischen Kirche oder der Caritas ist. Mit den dort formulierten "Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten" können auch Kündigungen begründet werden, etwa für Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder für wiederverheiratet Geschiedene.

Bislang sollen Medienberichten zufolge elf Generalvikare in Deutschland - also die Verwaltungschefs der katholischen Erzbistümer und Bistümer - einen sofortigen Verzicht auf arbeitsrechtliche Konsequenzen für queere und wiederverheiratete Mitarbeitende gefordert haben.