Sie fliehen aus ihrer Heimat, weil sie wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität verfolgt werden. Doch auch hier fühlen sich Homosexuelle oder Transgender oft verfolgt. Sie werden in den staatlichen Flüchtlingsunterkünften bedroht oder sind Ablehnung und Ausgrenzung ausgesetzt, sobald sie sich outen und die Bewohner davon erfahren, sagt die Regensburger Grünen-Stadträtin Theresa Eberlein im Gespräch mit Sonntagsblatt.de. Sie setzt sich dafür ein, dass die Rechte von queeren Geflüchteten in den Asylunterkünften verbessert werden.

Frau Eberlein, für Frauen gibt es in den Unterkünften separate Bereiche, weil man inzwischen erkannt hat, dass sie geschützt werden müssen. Warum benötigen auch queere Geflüchtete eine geschützte Unterbringung?

Theresa Eberlein: Die Betroffenen wurden in sehr vielen Fällen bereits in ihren Herkunftsländern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Identität diskriminiert, weil Homosexualität in vielen Ländern nach wie vor strafbar ist. Das wirkt sich auch in den Unterkünften aus. Besonders prekär wird es, wenn sie nicht nur homosexuell, sondern transident sind, also nicht das bei Geburt zugeschriebene Geschlecht haben. Die Betroffenen müssen vor Übergriffen innerhalb der Unterkünfte und auch außerhalb besonders geschützt werden. Die Schaffung von Schutzräumen oder einer dezentralen Unterbringung ist notwendig für einen effektiven Schutz vor homo-, trans- und interfeindlicher Gewalt.

In vielen afrikanischen Staaten drohen Homosexuellen Haftstrafen, in Mauretanien, dem Sudan sowie in Teilen von Nigeria und Somalia nach Angaben der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) sogar die Todesstrafe. Laut Schätzungen des Münchner Schwulenzentrums könnte mehr als jeder zehnte Geflüchtete in Bayern der LGBTI-Szene zuzurechnen sein. Wie schätzen Sie das ein?

Eberlein: In der Bevölkerung dieser Länder ist Homophobie oft weit verbreitet, dementsprechend unter Geflüchteten, die nun hier in Unterkünften leben. Ich weiß, dass es bayernweit regelmäßig Gewaltandrohungen unter Geflüchteten gibt. In Regensburg sind uns Fälle bekannt, und wir thematisieren sie auch. Obwohl es für die Betroffenen nicht leicht ist, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, den eigenen Fall präsent zu machen und womöglich eine Re-Traumatisierung zu erleben. Das ist ein bayernweites Problem, dass Diskriminierung in den Unterkünften stattfindet.

Die sexuelle Orientierung ist als Asylgrund anerkannt. Dennoch müssen Menschen, die geflohen sind, im gleichen Zimmer leben mit Leuten, vor denen sie geflohen sind. Wo sollte Regensburg noch mehr Flagge zeigen?

Eberlein: Regensburg hat sich als sicherer Hafen bekannt, hat aber die Kriterien, die das Bündnis für sichere Häfen vorgelegt hat, bei weitem nicht alle erfüllt. So gibt es über 200 Fehlbelegungen in den staatlichen Unterkünften. Das heißt, da leben immer noch Leute, die anerkannt sind, die aber aus der Gemeinschaftsunterkunft nicht ausziehen können, weil sie keine Wohnung finden. Wenn man die Leute rausbringen würde, würde sich die ganze Lage wieder entzerren, und man könnte Schutzräume für diese besonders verletzliche Gruppe einrichten.