Nichts ist wertvoller als die Gesundheit. Aber noch wertvoller ist die Liebe. Eine Philosophie, von der Kathrin Spies überzeugt ist. Die 34-jährige Pfarrerin der Kirchengemeinden Wirbenz mit Kemnath und Immenreuth in der nördlichen Oberpfalz denkt viel über das menschliche Leben nach. Und sie denkt darüber nach, was Leben überhaupt ausmacht.

Pfarrerin werden wollte sie bereits als Kindergartenkind, erzählt die junge Mutter eines fünfjährigen Mädchens und eines zweijährigen Buben. Im Februar 2020 wurde sie in Wirbenz ordiniert und sprang dann als Vertretung ein. "Pfarrerin sein ist für mich der schönste Beruf der Welt", ist sie bereits in jungen Jahren überzeugt. Dieser Beruf sei vielfältig, sie könne den kleinsten und den ältesten Gläubigen gleichzeitig die christliche Botschaft vermitteln, erklärt sie ihre Passion. Die Pfarrerin macht sich viele Gedanken über ihren Auftrag. Sie möchte weitergeben, was ihr wichtig ist.

Ihr Sohn Jonathan kam mit einem Gendefekt zur Welt 

Dies tut sie unter anderem seit 2016 fünf Mal im Jahr beim Radiosender Ramasuri. Sie spricht morgens um 6 Uhr die "Gedanken zum Tag". Diese kleinen Andachten, erzählt sie, sind lediglich 60 Sekunden lang. Gerade die Kürze sei oft eine Herausforderung. Ihr ist es wichtig, diese "Gedanken zum Tag" zu Denkanstößen an die Zuhörerinnen und Zuhörer werden zu lassen.

Einmal hat Kathrin Spies über die Floskel "Hauptsache gesund" philosophiert. Ihre 60-Sekunden-Gedanken endeten mit einer provozierenden Aussage: "Hauptsache geliebt". Wenn Kathrin Spies mit dieser Andacht auch ihre Mitbürger erreichen wollte, war es dennoch ein ganz persönlicher Appell an sie selbst. Die junge Mutter hat ein Söhnchen mit Handicap: Jonathan, erzählt sie, sei mit einem seltenen Gendefekt zur Welt gekommen. "Mein Mann und ich wussten schon früh in der Schwangerschaft, dass unser Baby wahrscheinlich nicht gesund ist. Als Jonathan dann zur Welt kam, war alles sehr schlimm. Er musste sofort auf die Intensivstation, hat die Geburt kaum überlebt", erzählt Kathrin Spies.

Die Liebe zu ihrem Sohn steht über Allem

Die Mutter schätzt sich glücklich, dass sie und ihr Mann sich von Anfang an einig waren, Jonathan unbedingt haben zu wollen und ihn in Liebe zu betten. Sie erinnert sich zurück, wie Bekannte sie unwissend auf der Straße nach ihrer Schwangerschaft fragten, was es denn werde, und sich mit der Floskel "Hauptsache, es ist gesund" verabschiedeten. Damals wusste sie längst, dass das nicht sein würde, das mit dem "Hauptsache gesund" und auch, dass das nicht das Wichtigste ist. "Erstaunlich, wie viel eine Mutter schafft. Man wächst mit den Aufgaben, die das Leben stellt", weiß Kathrin Spies zwei Jahre später über sich selbst.

Jonathans Krankheit fordert sie. Fünf Therapien in der Woche sind notwendig, erzählt sie. Dazu die vielen Arztbesuche und viel Geduld. Sie ist dankbar für die Unterstützung von Familie und lieben Menschen, wie der Leih-Oma oder Fachkräften. "Hauptsache gesund" sei nicht alles, nimmt Kathrin Spies den Faden zu ihrer Andacht wieder auf. Inzwischen kenne sie so viele tolle Kinder, die ein Päckchen mitbekommen haben wie ihr Jonathan, sagt sie. "Hauptsache geliebt" sei für all diese Kinder und eigentlich für alle Menschen doch viel wichtiger.

Jonathan heißt übersetzt Geschenk Gottes 

Jonathan sei ein wunderbarer kleiner Junge. Ein Sonnenschein und absolut liebenswert. Jonathan heißt übersetzt: Geschenk Gottes. "Unser Kind zeigt uns jeden Tag wieder den ganz anderen Blick auf die Welt", hat Kathrin Spies in den zwei Jahren im jungen Leben ihres Söhnchens erfahren dürfen. Sie und ihr Mann Alexander freuen sich über jeden kleinen Entwicklungsschritt, den er macht.

Deshalb sind Kathrin Spies auch Denkanstöße an ihre Mitmenschen ein großes Anliegen. Zur Frage nach Weihnachten und was das für sie bedeute, meint Kathrin Spies, "auch Weihnachten ist ein Denkanstoß". Sie denkt an Jesus, der nicht als Herrscher, sondern als kleines Baby im Stall geboren wurde. An Weihnachten zeige sich, dass das, was wir oft für wichtig halten, gar nicht das Entscheidende ist. Vor diesem Hintergrund bestehe die wunderbare Hoffnung auf dauerhafte Veränderungen weltweit. "Weil an Weihnachten einfach mehr Liebe spürbar ist", sagt die 34-jährige Pfarrerin, die Gesundheit als wichtig erachtet, aber die Liebe das einzig Wahre nennt.