München (epd). Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) begrüßt die sich abzeichnende Einigung im Streit um Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der Opfer des Olympia-Attentats von 1972. "Spät, sehr spät, aber nicht zu spät. Immerhin noch kurz vor dem 50. Jahrestag des Attentats scheint es nun endlich eine Einigung zu geben", teilte Spaenle am Mittwoch mit. Er bezog sich dabei auf Medienberichte - eine Bestätigung der Einigung von offizieller Seite stand am Mittwochmittag noch aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich zurückhaltend zu den derzeit laufenden Gesprächen. Sie seien gut und vertraulich, sagte er nach der Kabinettsklausur in Meseberg. Es gehe darum, "eine gute Lösung zu finden". Scholz betonte: "Mehr kann man jetzt klugerweise nicht sagen."
"Deutschland stellt sich damit endlich seiner historischen Verantwortung und ermöglicht es damit auch den Angehörigen, mit diesem Kapitel ihren Frieden zu machen", sagte Spaenle weiter. Damit sei der Weg frei, dass die Angehörigen der Opfer und auch Israels Staatspräsident Isaac Herzogv am Montag (5. September) zur Gedenkveranstaltung in München und Fürstenfeldbruck kommen. Spaenle hatte sich bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür eingesetzt, dass die Hinterbliebenen eine Entschädigung nach international üblichen Standards erhielten.
Als erste hatte die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) am Dienstagabend über die sich abzeichnende Einigung berichtet. Demzufolge will Deutschland den Hinterbliebenen offenbar 28 Millionen Euro anbieten - eine Summe, die sich laut Spaenle an der Entschädigungszahlung für die Opfer des Lockerbie-Anschlags von 1988 zu orientieren scheint. Laut SZ sollen mindestens 20 Millionen Euro vom Bund kommen, fünf Millionen vom Freistaat Bayern und drei Millionen von der Stadt München.
Auch Ankie Spitzer, Sprecherin der israelischen Hinterbliebenen, habe "Gespräche auf höchster Ebene" bestätigt. Die deutsche Seite wolle "eine Blamage verhindern", sagte sie laut SZ-Angaben. "Wir haben sehr klargemacht, was unser absolutes Minimum ist, nun muss die deutsche Seite eine abschließende Entscheidung treffen."
Der sich nun abzeichnenden Einigung waren über Monate festgefahrene Gespräche zwischen Deutschland und den Hinterbliebenen vorausgegangen. Die Bundesregierung soll den Angehörigen zunächst 5,4 Millionen Euro angeboten haben, die die Opferangehörigen allerdings nicht akzeptiert hatten. Als Konsequenz der festgefahrenen Gespräche hatten die Angehörigen ihre Teilnahme an der Gedenkfeier am 5. September im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck, wo die Befreiungsaktion 1972 gescheitert war, abgesagt.
Vor 50 Jahren - am 5. September 1972 - hatten palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf in München die israelische Olympia-Mannschaft überfallen und mehrere Geiseln genommen. Die Befreiungsaktion am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck scheiterte. Am Ende starben elf Israelis, ein bayerischer Polizist und fünf Geiselnehmer. Die Hinterbliebenen werfen den Behörden schwere Versäumnisse und Fehler vor. Seit Jahrzehnten setzen sie sich außerdem für eine angemessene Entschädigung und die Aufarbeitung der Hintergründe des Attentats ein.