Der Gründer einer Initiative zur Rehabilitation von NS-Opfern setzt große Hoffnung in die neue Staatsministerin Claudia Roth (Grüne). Im Jüdischen Museum Fürth berichtete am Sonntag der emeritierte Frankfurter Professor Frank Nonnenmacher über die vergessene Opfergruppe der "Asozialen" und "Berufsverbrecher". Die Veranstaltung hatte das Museum zusammen mit dem Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) organisiert.
2018 startete Nonnenmacher eine Petition, "Asoziale" und "Berufsverbrecher" als NS-Opfer anzuerkennen. Die heutige Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Roth, habe die Petition als eine der ersten Personen unterzeichnet, berichtete der Referent. Vor genau zwei Jahren habe der Bundestag dem Anliegen ohne Gegenstimme stattgegeben. Eine Wanderausstellung soll künftig auf die Opfergruppe hinweisen. Noch offen seien jedoch Forschungsprojekte zu Hinterbliebenen und die Aufarbeitung von Verfolgungsinstanzen, erklärte Nonnenmacher.
"Asoziale" und "Berufsverbrecher" wurden in Konzentrationslagern inhaftiert
In Konzentrationslagern wurden Bettler, Landstreicher oder Prostituierte als "Asoziale" mit einem schwarzen Winkel an der Jacke gekennzeichnet, Mehrfachstraftäter als "Berufsverbrecher" mit einem grünen Winkel. Nonnenmachers Onkel Ernst (1908-1989) wurde 1941 im Lager Flossenbürg zuerst als "Asozialer", dann als "Berufsverbrecher" inhaftiert. Als Wanderarbeiter hatte er gegen polizeiliche Meldeauflagen verstoßen, ein belegtes Brötchen gestohlen und in einer Beziehung mit einer Prostituierten gelebt.
Wegen dieser "Zuhälterei" wurde er zur "Vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" in das Konzentrationslager in der Oberpfalz überstellt, wo er in das berüchtigte Steinbruch-Kommando kam. Durch einen Zufall wurde er nach Sachsenhausen verlegt. Dort erlebte er die Befreiung.
In der jungen Bundesrepublik sei Ernst Nonnenmacher gesagt worden, dass er als "Berufsverbrecher" zurecht im KZ gewesen sei, berichtete sein Neffe. Auch in der DDR habe er keine Entschädigung erhalten. Dort seien nur aktive Widerstandskämpfer als Opfer des Naziregimes anerkannt worden.