2005 trat in der Bundeshauptstadt Berlin das sogenannte Neutralitätsgesetz in Kraft. Es untersagte Lehrkräften und anderen Pädagog*innen an öffentlichen Berliner Schulen das Tragen religiöser Symbole im Dienst.

Theoretisch kann dies christliche Kreuze, jüdische Kippas oder muslimische Kopftücher betreffen. In der Praxis und auch in den Diskursen um das Gesetz ging es meistens nur um das Kopftuch. 

Kopftuchverbot ist verfassungswidrig

Diese Gesetzeslage hatte das Bundesarbeitsgericht bereits 2020 für gesetzeswidrig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat, wie erst jetzt bekannt wurde, eine gegen dieses Urteil gerichtete Beschwerde des Berliner Senats bereits Mitte Januar 2023 abgelehnt. Damit steht fest: Das Land Berlin darf Lehrerinnen nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verbieten. 

Bereits 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, Verbote von öffentlich getragenen Symbolen seien im Bildungsbereich nur zulässig, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet sei. 2018 hatte ein Landesarbeitsgericht einer Muslimin, die nicht in den Schuldienst übernommen worden war, recht gegeben. Das Bundesarbeitsgericht hatte dies 2020 bestätigt und der Frau eine Entschädigung von 5.159,88 Euro zugesprochen. 

Kein pauschales Kopftuchverbot für Pädagoginnen mehr

Die Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) kündigte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) an, dass das Gesetz nun zeitnah geändert werde. Ein pauschales Kopftuchverbot für Pädagoginnen werde es in Berlin nicht mehr geben, erklärte sie. "Auch die anderen im Neutralitätsgesetz geregelten Bereiche werden überprüft werden müssen."

Kreck erklärte auch:

"Über das Kopftuchverbot werden in der Einwanderungsgesellschaft Menschen ausgegrenzt und rassistisch konnotierte Zuschreibungen verstärkt."

Eine Expertenkommission des Senats hatte bereits im September 2022 die Abschaffung des Gesetzes gefordert. Das Neutralitätsgesetz fördere die Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch ohne sachliche Rechtfertigung.

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Blümchen am So, 05.02.2023 - 09:41 Link

DANKE an Benoir:
ich kann nicht begreifen, wie das Sonntagsblatt/die Ev. Kirche so einen Artikel -offenbar mit Erleichterung&Dankbarkeit- veröffentlichen. Dass es das Kopftuch auch in feministischen Kreisen geschafft hat, als emanzipiertes Kleidungsstück zu gelten, macht mich fassungslos. Damit übernimmt das Sonntagsblatt die fundamental-islamistische Propaganda. Frauen wird seit vielen Jahrzehnten eingeredet, sie würden nur mit Kopftuch in Würde leben und sich vor Begehrlichkeiten durch Männer schützen. Das ist Mittelalter! Wer schützt uns Frauen vor solchen Irrlehren? Leider nicht das SONNTAGSBLATT!