Die Diskussion über das Kopftuchtragen von muslimischen Frauen im öffentlichen Raum ist laut Islamrechtsexperte Mathias Rohe eine "Stellvertreterdebatte". In ihr komme ein Vorurteil gegenüber Frauen zum Ausdruck, sagte Rohe bei einer Veranstaltung in der Evangelischen Stadtakademie in Nürnberg.
"Über das Tragen von Bärten wird nicht diskutiert", betonte der Dekan der juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (FAU). Die Diskussion um das Kopftuchtragen werde auch dafür stellvertretend geführt, "wie viel Religion im öffentlichen Raum wir überhaupt noch ertragen".
Verbot religiöser Symbole muss "vorurteilsfrei" angewandt werden
Rohe sprach über das seit Sommer 2021 geltende neue Bundesbeamtengesetz zum Verbot religiöser Symbole. Das neue Gesetz sieht vor, dass das Tragen beispielsweise des muslimischen Kopftuchs, der jüdischen Kippa oder eines christlichen Kreuz von Beamtinnen und Beamten eingeschränkt oder verboten werden kann,
"wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen."
Dieses Gesetz könne nur funktionieren, wenn es vorurteilsfrei angewandt werde", sagte Rohe. Die Objektivität der Gerichte komme jedoch an ihre Grenzen, weil es zuvor eine breite gesellschaftliche Debatten zum Kopftuch gegeben habe.
Kopftuchträgerinnen sollen ihr Recht einklagen
Über Sinn und Unsinn des Tragens des Kopftuchs sollten die muslimischen Frauen diskutieren, sagte der Experte. Er halte nichts davon, an diesem Beispiel "das säkulare Abendland zu verteidigen".
Er warnte auch davor, dass angehende Lehrerinnen, die sich vor einer juristischen Auseinandersetzung um das Kopftuchtragen fürchten würden, nach Österreich abwandern würden. Diese Frauen forderte er wiederum auf, vor den Gerichten Courage zu haben und für ein Tragen des Kopftuchs zu klagen:
"Lassen Sie sich nicht den Schneid abkaufen."