Der letzte Einzelhändler auf dem Dorf - oder im Stadtteil - hat zugemacht. Das ist ein Standardanlass für die Gründung eines Dorfladens in Bürgerhand, meist als Genossenschaft. Im Südwesten sind 36 davon derzeit beim Genossenschaftsverband registriert. In Bayern sind es etwa 100, und bundesweit schätzt der Verein "Dorf-begegnungs-Läden" ihre Zahl auf über 300.

Dorfläden werden ehrenamtlich geführt

Beim Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband berät Michael Roth interessierte Dorfgemeinschaften. "Die Kunden sind dann Mitglied der Genossenschaft und identifizieren sich mit ihrem Laden", sagt er. Ehrenamtliches Engagement im Laden, von der Buchhaltung über den Verkauf bis zur Reinigung, sei "elementarer Bestandteil". Doch

"ausschließlich ehrenamtlich kann unserer Beobachtung nach kein Dorfladen geführt werden".

Auch die Wirtschaftlichkeit abzusichern, etwa durch eine Machbarkeitsstudie, sei ein wichtiger Baustein für dauerhaftes Gelingen.

Auch für Mobilität wichtig

Die Dorfläden stehen häufig in einem Gesamtkonzept, wie im südbadischen Kleinen Wiesental mit dem Projektbüro "Im Tal leben - Im Tal bleiben". Melanie Mühlhäuser nennt als Aktivitäten unter anderem Mittagstische, Sitztanz-Gruppen, die Seniorenberatungsstelle, die beispielsweise Corona-Impftermine organisierte, und ein Digitalcafé.

Worum sie letztlich alles drehe, sei in der 2.8000-Einwohner-Gemeinde, die sich auf 78 Quadratkilometern ausdehnt, ein gutes Mobilitätskonzept. Ein eigenes Fahrzeug dafür wäre eine große Hilfe, sagt Mühlhäuser. Das wäre auch für den Dorfladen wichtig.

"Zu Fuß erreichen den eben nur diejenigen, die dort am Ort wohnen."

Auch bei "Im Tal leben" ist hauptamtliche Unterstützung ein wesentliches Rückgrat. Deshalb bedauert Melanie Mühlhäuser, dass ihre bisher von der Kirchengemeinde finanzierte Kollegin Fabienne Gentner ihre Arbeit im Frühherbst beenden muss.

Damit Menschen möglichst lange an ihren angestammten Lebensort leben können

Pfarrer Peter Schock, Studienleiter der Evangelischen Akademie Baden für die Bereiche Landwirtschaft und Ländlicher Raum, kennt das Projekt und Diakonin Gentner, die es mit aufgebaut hat. "Ich halte sehr viel davon, da es wirkungsvoll hilft, dass Menschen möglichst lange, am besten bis zum Ende, an ihrem angestammten Lebensort leben können", sagt er.

Es sei "auch generationenübergreifend bedeutsam, da es Familien zusammenhält, stärkt und entlastet." Er hat Verständnis, dass die Diakonin an anderer Stelle dringend gebraucht wird, würde sich aber wünschen, dass die Kirche trotzdem in dem Projekt bleibt, "gerade auch im Blick auf zukünftige Kooperationen, für die dieses Projekt auch beispielhaft ist".

Lebenswertes Leben auf dem Land brauche Begegnungsmöglichkeiten:

"Die Generationen haben sich viel zu sagen oder können sich gut ergänzen und unterstützen; dafür braucht es Gelegenheiten.",

Außerdem brauche es Beteiligung, "nicht über die Köpfe hinweg, sondern mit den Menschen", ebenso wie Verantwortung und Wertschätzung. Das werde gepflegt in einer "Kultur des Dankes und des Feierns der gemeinsamen Erfolge - und auch der Versuche…". Selbstverwaltete Dorfläden seien dafür "fast schon Best-Practice-Beispiele für die genannten Punkte, in denen diese Möglichkeiten verwirklicht werden und kulminieren". Rolf Brauch, ehemals bei den Kirchlichen Diensten auf dem Land der badischen Landeskirche, sagt, das Thema Nahversorgung sei im ländlichen Raum "im umfassenden Sinne ein zentraler Haltefaktor".

In Bayern werden Dorfläden weiterentwickelt

In Bayern werden Dorfläden schon weiterentwickelt. Die Gemeinden der Steinwald-Allianz am oberpfälzischen Naturpark Steinwald etwa haben die Idee eines mobilen Dorfladens, um das Mobilitätsproblem in den Griff zu bekommen. "Dreh- und Angelpunkt des Projekts ist eine digitale Plattform", berichtet das Projektteam.

Seit etwa 20 Jahren entwickeln sich in Bayern die Dorfläden. Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützen Interessierte bei der Gründung. Das Infoportal Ländlicher Raum und Landentwicklung des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gibt Basistipps. Dort heißt es beispielsweise, eine "regionale Ecke" mit heimischen Produkten von Kleinproduktionsbetrieben und Direktvermarktern komme meist gut an.

"Dorfläden entwickeln sich vielfach zum Mittelpunkt für die Dorfgemeinschaft und schaffen darüber hinaus wichtige Arbeitsplätze gerade für Personen, die nur in ihrem nahen Umfeld einer Beschäftigung nachgehen können."