Die geplante Zentralisierung der Geburtshilfe in besonders geeigneten Kliniken stößt auf überwiegenden Widerstand bei den Hebammenverbänden in Deutschland. "Jeder längere Transport ist für Frühgeborene extrem schädlich", sagte die Vorsitzende des bayerischen Hebammenverbands (BHLV), Mechthild Hofner, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man müsse hier genau die Strukturen eines großen Flächenlandes wie Bayern berücksichtigen.

Gemäß der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Klinikreform soll Geburtshilfe nur noch in Häusern angeboten werden, die in einem dreistufigen System mindestens die Qualitätsstufe 2 erbringen.

Hebammenverband: Katastrophe für Familien

Derzeit würden in Bayern geburtshilfliche Abteilungen in Kliniken aus wirtschaftlichen Gründen und aufgrund fehlender Fachärzte kurzfristig geschlossen, heißt es in dem Positionspapier "Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2023" des Bayerischen Hebammenverbandes. Dies geschehe, ohne dass im Vorfeld Planungen erfolgten, wie der Wegfall an anderer Stelle kompensiert werden könne. "Mit einem Angebot 'guter Geburtshilfe' können mittlere und kleinere Kliniken keine schwarzen Zahlen schreiben, dies ist ein finanziell defizitärer Gesundheitssektor", sagte Hofner.

Die Folge der Schließungen seien längere Anfahrtswege für Frauen mit gynäkologischen und geburtshilflichen Notfällen sowie überfüllte Kreißsäle an den verbleibenden Standorten. Für davon betroffene Familien sei dies eine Katastrophe, heißt es in dem Positionspapier des BHLV. Mit Blick auf die Landtagswahl am 8. Oktober fordert der BHLV deshalb von der zukünftigen Landesregierung eine Verkürzung der vorgegebenen maximalen Anfahrtszeit zur Geburtshilfe auf 30 Minuten.

Mehr Geburtshäuser gewünscht

Wieviele Hebammen aktuell in Bayern in der Geburtshilfe fehlten, könne man nur mutmaßen, sagte Hofner. Genaue Daten dazu würden von Ende August bis Anfang November mit dem sogenannten "Fachkräftemonitoring" erhoben, das das bayerische Gesundheitsministerium bei der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in Auftrag gegeben habe.

Frauen und Familien würden sich mehr Angebote für außerklinische Geburtshilfe wie etwa Geburtshäuser wünschen, sagte Hofner. Hebammen wären dazu vermehrt bereit, wenn sich die Arbeits- und Rahmenbedingungen und die Problematik der Haftpflichtversicherung verbessern würden. Man habe die Hoffnung, dass dies im Rahmen der Krankenhausreform noch gelingen könne, sagte Hofner. Von der zukünftigen bayerischen Landesregierung fordert der BHLV Ausbau und Förderung der hebammengeleiteten Geburtshilfe, ein Förderprogramm für die Gründung von Geburtshäusern sowie eine bessere Verzahnung von Klinik und Außerklinik.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden