Eine Theodor-Heuss-Medaille, der Deutsche Städtebaupreis oder der Miteinander!-Preis des Bayerischen Rundfunks: Das 2013 gegründete Augsburger Grandhotel Cosmopolis hat sich in seinen Anfangsjahren bundesweit zu einem Asyl-Vorzeigeprojekt entwickelt, das vielfach ausgezeichnet wurde. In dem Diakonie-Gebäude wohnen laut Ursprungsidee Geflüchtete, Künstler und normale Hotelgäste unter einem Dach und kommen durch Kulturevents oder das hauseigene Café miteinander in Kontakt – ein bis dato einmaliges Konzept zur Integration von Geflüchteten.
Doch in den vergangenen Jahren war es ruhig geworden ums Grandhotel, seit der Corona-Pandemie steht außerdem der Hotelbetrieb still. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass das Grandhotel ums Überleben kämpft. Ein Kassensturz hat ergeben, dass man den laufenden Betrieb nur noch drei Monate am Laufen halten kann. Jetzt hat der Vorstand mithilfe von externen Experten einen Sanierungsplan vorgelegt. Das Ziel: Dem Grandhotel, das ein eingetragener Verein ist, wieder zu altem Glanz zu verhelfen und es dauerhaft finanziell sicher aufzustellen.
Die Stadt Augsburg teilt auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit, dass sie die nötigen Umstrukturierungen begleiten und unterstützen will. Gerade in einer Zeit, in der die Demokratie angegriffen werde und der Rechtsextremismus zunehmend Zulauf bekomme, seien solche Orte der Begegnung und des Austausches wie das Grandhotel wichtiger denn je, sagt die zweite Bürgermeisterin und Migrationsexpertin Martina Wild (Grüne). Die Stadt unterstütze das Grandhotel seit Anbeginn an – sei es durch Mietkostenzuschuss oder durch Projekt-Einzelförderungen.
Finanzielle Engpässe und ein Spendenaufruf
Unterstützung, die das Grandhotel brauchen kann: Die monatlichen Fixkosten - also vor allem Miete und Personalkosten - liegen bei rund 20.000 Euro, das monatliche Minus habe im vergangenen Jahr zwischen 5.000 und 10.000 Euro betragen, sagt Ralf Lösch vom Vorstand des Grandhotels. In der Zwischenzeit hat der Vorstand daher auch einen Spendenaufruf gestartet. Ziel seien 80.000 Euro, bislang eingegangen seien 17.000 Euro, sagt Vorstandsmitglied Nubia Aileen Reuter.
Für viele gehört das Grandhotel zum sozialen Gesicht Augsburgs. "Ein Aus des Grandhotels als beispielhaftes Projekt zur Integration geflüchteter Menschen wäre für Augsburg ein großer Verlust, den ich sehr bedauern würde", sagt der evangelische Augsburger Dekan Frank Kreiselmeier. Es würde fehlen, sagt auch der Theologische Vorstand der Augsburger Diakonie, Fritz Graßmann. Die Diakonie Augsburg vermietet den einen Teil des Gebäudes ans Grandhotel, den anderen an die Regierung von Schwaben zur Unterbringung von rund 60 Geflüchteten.
Das Grandhotel erzeuge ein "sehr friedliches" und "für den Stadtteil entspannendes Klima rund um die Flüchtlingsunterkunft", sagt Graßmann. Davon profitiere auch die Diakonie. Er gibt aber auch zu bedenken, dass das Geschäftsmodell des Grandhotels passen müsse. "Nur so kann das Überleben gesichert werden." Den Spendenaufruf sieht er daher mit gemischten Gefühlen. Fundraising-Aktionen könnten ein strukturelles Defizit nicht dauerhaft ausgleichen.
Sanierungsplan: Neustart mit neuem Konzept
Dessen ist sich der Vorstand bewusst und arbeitet an der Umsetzung des Sanierungsplanes. Oberste Priorität sei, den Hotelbetrieb wieder zum Laufen zu bringen, sagt Reuter. Insgesamt gebe es rund 17 Hotelzimmer, die seit der Corona-Pandemie fast alle als Ateliers an Kunstschaffende vermietet würden. Doch die Atelier-Vermietung werfe nur halb so viel ab wie eine Kurzzeitvermietung der Hotelzimmer, sagt Ralf Lösch, der bereits seit zwei Jahren im Vorstand aktiv ist, aber erst jetzt im Bereich Finanzen.
Weitere Ideen im Sanierungsplan: Lagerfläche reduzieren, um mehr Mietflächen zu schaffen, Coworking Spaces einrichten, das hauseigene Café wieder mehr zum Leben erwecken, zum Beispiel mit Kulturevents, das Catering ausbauen und den Seminarraum wieder vermehrt für externe Veranstaltungen vermieten. Und die alten Netzwerke mit der Stadt Augsburg, der Diakonie oder anderen ähnlichen Einrichtungen in ganz Deutschland wiederbeleben, die in den vergangenen Jahren eingeschlafen seien.
Reuter und Lösch deuten in ihren Ausführungen zumindest eine Überforderung des alten Vorstandes an. Netzwerken, Fördergelder beantragen, den Hotelbetrieb wieder hochfahren oder zumindest die schlechte Finanzlage öffentlich machen - das alles habe der alte Vorstand vor sich hergeschoben. Sie räumen aber auch ein, dass die Struktur nicht optimal ist. Die fünf Vorstandsmitglieder werden jeweils nur für ein Jahr gewählt, alle arbeiten ehrenamtlich. Bis man sich richtig eingearbeitet habe, sei die Amtszeit eigentlich schon wieder vorbei.
Trotz Unsicherheiten: Kampf für den Erhalt des Projekts
An ein mögliches Aus des Grandhotels wollen Reuter und Lösch trotz aller Unsicherheiten jedoch nicht denken. Die Resonanz auf den Spendenaufruf sei unglaublich positiv gewesen. Von allen Seiten habe man grünes Licht bekommen, den Sanierungsplan durchzuziehen und weiterzukämpfen.
"Der Vorstand ist mit ganzem Herzen dabei, das Projekt am Leben zu erhalten."
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