Am  Mittwoch (28. August) begann am Landgericht in Bremen der dritte Prozess gegen den evangelischen Pastor Olaf Latzel. Dem 56-jährigen Theologen der konservativen Bremer St. Martini-Gemeinde wurde Volksverhetzung vorgeworfen. 

Knapp fünf Jahre ist es her, als sich der Bremer Pastor Olaf Latzel in einer "biblischen Fahrschule zur Ehe" abfällig über die Gender-Bewegung und über Homosexuelle äußerte. Worte, die einen langen juristischen Streit auslösten: Nach einem Schuldspruch am Amtsgericht, einem Freispruch durch das Landgericht und einer Revision am Oberlandesgericht wurde das Verfahren wiederum am Bremer Landgericht am Mittwoch neu aufgenommen. Aber nur kurz, denn auf Antrag der Verteidigung wurde es gegen eine Geldauflage vorläufig eingestellt.

Zuvor hatte sich der evangelische Theologe entschuldigt, "authentisch", wie die Vorsitzende Richterin Frauke Wesemüller befand. Latzel muss nun binnen sechs Monaten 5.000 Euro an das Bremer Rat-und-Tat-Zentrum für queeres Leben zahlen. "Tut er das nicht, wird das Verfahren wieder aufgenommen", erläuterte ein Gerichtssprecher die Einschränkung "vorläufig".

Das Verfahren zog sich über Jahre hin. Das Bremer Amtsgericht hatte Latzel aufgrund dieser zeitweise auch im Internet auf dem reichweitenstarken Youtube-Kanal des Pastors veröffentlichten Einlassungen im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro verurteilt. In der nächsten Instanz hatte ihn das Landgericht in einer Berufung am 20. Mai 2022 freigesprochen. Die Begründung: Seine Worte seien von der Religions- und Meinungsfreiheit gedeckt.

Dagegen hatte wiederum die Staatsanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht (OLG) der Hansestadt Revision eingelegt und Erfolg gehabt. Das Gericht monierte, das Urteil zum Freispruch sei lückenhaft gewesen. In der Verhandlung kritisierte der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Florian Maaß, der Freispruch sei nicht ausreichend begründet, weil das Eheseminar im Urteil nicht vollständig wiedergegeben sei. Zum Verständnis dessen, was Latzel gesagt habe, müssten Gedankengänge und Überleitungen nachvollziehbar sein.

Am Mittwoch sagte Latzel in einer persönlichen Erklärung vor Gericht, er habe in dem Eheseminar "Aussagen getroffen, die Menschen verletzt haben". Das sei ein schwerer Fehler gewesen. Er distanziere sich von dieser "sprachlichen Entgleisung, die mir nicht hätte passieren dürfen. Ich bitte die Betroffenen aufrichtig um Entschuldigung."

Mit der Einstellung gibt es keine Entscheidung in der Sache, also keine Bewertung, ob Latzels Worte die Menschenwürde verletzt haben und volksverhetzend waren oder nicht. Einig sei sich das Gericht, "dass das, was Pastor Latzel gesagt hat, nicht gut war", bekräftigte Richterin Wesemüller. Nachdem sie die vorläufige Einstellung verkündet hatte, kam aus dem Publikum lauter Applaus.

Latzel entschuldigte sich später für seine Worte

Vor etwa 30 Ehepaaren hatte Latzel gesagt, Homosexualität sei eine "Degenerationsform von Gesellschaft". Er warnte vor einer "Homolobby". Und auch: "Überall laufen diese Verbrecher rum von diesem Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch." Eine Tonaufnahme davon war mit Zustimmung des Pastors auf Latzels Youtube-Kanal veröffentlicht worden, der aktuell knapp 60.000 Abonnenten hat. Später wurde der Mitschnitt gelöscht, Latzel entschuldigte sich für seine Worte.

Wäre der jetzt neu begonnene Prozess, für den zunächst vier Verhandlungstage angesetzt waren, bis zu einem Urteil geführt worden, wäre es danach wohl weitergegangen, möglicherweise noch über Jahre. Pastor Latzel, damit rechneten Beobachter, wäre weiter durch die Instanzen gegangen. Sein Verteidiger Sascha Böttner hatte schon nach dem Schuldspruch durch das Amtsgericht angekündigt, dass er notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen werde.

Latzel ist seit Dezember 2007 Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche. Aufgrund seiner Äußerungen hat die Kirchenleitung im Mai 2020 ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, das allerdings momentan ruht. Zur Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht wollte sich die Kirchenleitung nach Angaben eines Sprechers mit einer schriftlichen Stellungnahme äußern - "zeitnah".

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden

Ingrid Müller am So, 01.09.2024 - 09:11 Link

Ich mag die Predigten von Olaf Latzel.Er predigt anders als die Pfarrer hier bei uns.
Authentischer und nicht so ihr seid alle geliebt und gute Christen.
Er hat sich entschuldigt ,für seine Wortwahl.
Aber ist es nicht so Homosexualitaet wird in der katholischen Kirche auch als Suende gesehen.
Einen Priester der sich offen dazu bekennt gibt es nicht.Man segnet nun die Menschen aber nicht die Homoehe?
So offen darüber gesprochen wird da nicht.
Es wird so hingenommen.

Aber es wird da natürlich nicht so offen darüber gesprochen.