Konrad Hein ist sichtlich zufrieden, wenn er über seine SoLaWi berichten kann: "Bei uns ist an jedem Freitag Erntedank", sagt er. Die SoLaWi oder Solidarische Landwirtschaft hat sich innerhalb von drei Jahren am Standort Nittendorf (Landkreis Regensburg) prächtig entwickelt.

Von diesen Solidarischen Landwirtschaften sind in den vergangenen Jahren ein paar Dutzend in der Oberpfalz und Niederbayern entstanden.

Solidarische Landwirtschaft

Hein ist ein hochgeschossener Mann, der sein Geld als Beamter verdient. Er ist Vorstandsmitglied beim Verein in Nittendorf. Die Idee seiner SoLaWi:

"Wir möchten eine nachhaltige und solidarische Landbewirtschaftung mit Fokus auf einer regionalen und saisonalen Ernte und einem achtsamen Umgang mit der Natur", sagt er.

Die 65 Ernteteiler, die sich vor allem freitags treffen und für ein reges Treiben auf dem zweieinhalb Hektar großen Feld sorgen, eint die Freude am gemeinsamen Anbau und der Ernte der verschiedenen Gemüsesorten.

Gemeinschaftsprojekt

Die Mitglieder einer SoLaWi teilen sich die Kosten, die Risiken und auch die Ernte. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, das nun floriert. "Der Gemüseertrag steigt von Jahr zu Jahr, die Infrastruktur wird besser, wir lernen dazu", sagt Hein, während er die Tomaten im Folienhaus begutachtet und Mitglieder ihre wöchentlichen Gemüsekisten für das Wochenende abholen.

"Es ist faszinierend, beim gesamten Prozess mit dabei zu sein", sagt Roland Thürmel, Mitglied der SoLaWi Nittendorf und von Beruf evangelischer Pfarrer. Er unterstützt das Projekt schon seit Jahren.

Auch ein Pfarrer ist dabei

"Erst aussäen, dann pflegen, wachsen lassen, ernten, kochen und - essen. Man hat einen echten Bezug dazu, wo die Lebensmittel herkommen und wie sie entstehen", erläutert Thürmel, der mittlerweile Studienleiter an der Gemeindeakademie Rummelsberg ist und Dekanatsentwickler in Regensburg.

Als er vor ein paar Jahren in der Zeitung las, dass sich bei Nittendorf eine SoLaWi gründet hat, war er Feuer und Flamme.

"Den Ansatz fand ich genial - ich musste dabei sein."

Wer das Gemüse einer SoLaWi probiert, möchte nichts anderes mehr essen - das ist hier auf dem Feld der einhellige Tenor. "Es ist ein besonderes Geschmackserlebnis", sagt Thürmel. "Man wird daran erinnert, wie bestimmte Dinge eigentlich schmecken - wenn sie so angebaut werden, wie das hier der Fall ist."

Mitmachen und profitieren

Die Solidarische Landwirtschaft hat bestimmte Grundsätze und Werte, die von den Mitgliedern gelebt werden. Wer einen gewissen Geldanteil zahlt, um mitzumachen, verpflichtet sich zur Mitarbeit, bekommt aber auch wöchentlich den entsprechenden Gemüseanteil. Es soll Plastik gespart und der Druck auf Bodenlebewesen verringert werden.

"Auch Mäuse dürfen leben", sagt Vorstand Hein, der allerdings zugibt, dass die Tiere die SoLaWi Jura durchaus vor Herausforderungen stellen. Nun wurden Wiesel angesiedelt, die es mit der Maus aufnehmen sollen.

Über Agrarwirtschaft lernen 

Durch die Solidarische Landwirtschaft erfahren die Mitglieder, wie alles miteinander zusammenhängt: der Gartenbau, die Landwirtschaft und auch der Naturschutz. Und körperlich arbeiten darf man natürlich auch. Obwohl fast ausschließlich händisch gearbeitet wird, kommt man bei der SoLaWi nicht mehr ohne maschinelle Hilfe aus.

Ein gepachteter Traktor tuckert über das Feld. Die Helfer und Helferinnen bauen gerade einen Stall, in dem diverse Maschinen untergebracht werden sollen.

Bewusster Umgang mit Natur und Schöpfung

Für Pfarrer Roland Thürmel ist die SoLaWi ein geeigneter Weg, um wieder zu einem bewussten Umgang mit der Natur und der Schöpfung zu finden - vor allem auch im Hinblick auf das Erntedankfest, das seiner Meinung nach an Bedeutung gewinnen wird.

"Hier auf dem Feld sehen wir, dass es eben nicht selbstverständlich ist, etwas zu ernten", sagt er. "Ernte kann auch mal schlecht ausfallen oder vernichtet werden. Es lehrt uns, dankbar zu sein."

Der fröhliche Mann mit der kleinen Brille wird bei diesem Thema erstmals richtig ernst und erklärt mit Nachdruck, dass die Menschen "zur Kreislaufwirtschaft zurückfinden" müssten. "Wir müssen wieder lernen, Dinge nur zu gebrauchen und nicht zu verbrauchen." In Nittendorf und auch an anderen Standorten in Ostbayern lernt man es zu schätzen, was man aus der Erde gewinnen kann.

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