Trotz Bürgergeld, Strompreisdeckel und Energiepauschalen hat die Zahl der Hilfesuchenden bei der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA) der Stadtmission Nürnberg zum Jahresbeginn nicht abgenommen. Wie KASA-Leiterin Christine Mürau dem Sonntagsblatt sagte, leiden weiter viele arme Menschen unter Existenzängsten.

Sie spreche in der Beratung manchmal mit Müttern, die nicht wüssten, wie sie das Babyfläschchen füllen sollen, oder die ihren Kindern kein Pausenbrot mit in die Schule geben könnten.

Finanzelle Situation führt auch zu psychischer Belastung

"Manche Klienten haben seit Januar 2023 einen doppelten Stromabschlag zu zahlen und noch die Jahreskostenabrechnung der Energieleister erhalten und wissen nicht mehr, wie sie das zahlen können", sagt Mürau:

"Wenn ich für sie beim Energieversorger Ratenzahlung beantrage, dann entlastet es sie auch psychisch sehr." 

Seit der Pandemie stellt die Einrichtungsleiterin fest, dass viele ihrer Klienten unter einer starken psychischen Belastung stehen.

Unter den Ratsuchenden sind wie vor den Krisen vor allem Geringverdiener oder Menschen, die Grundsicherung beziehen. Sie habe gedacht, dass wegen der gestiegenen Energiekosten und der starken Inflation nun mehr Rentnerinnen und Rentner in die Beratung kommen, sagt Mürau, aber das sei bisher nicht der Fall: "Diese Menschen können vielleicht besser mit weniger auskommen, oder sie haben eine Scheu, sich Hilfe zu holen."

Hilfen ungleich verteilt

Mürau kritisiert das "Gießkannenprinzip" der staatlichen Hilfen gegen die Energiekostenerhöhung. Grundsicherungsempfänger hätten im Sommer pauschal 200 Euro erhalten, mancher Wohngeldempfänger dagegen mehrere Hilfen erhalten, die sich bis zu einem Zuschuss von bis zu 1.000 Euro addiert hätten.

"Ich würde mir da eine gerechtere Verteilung wünschen", sagt die Beraterin.

Unrealistische Regelsätze beim Bürgergeld

Sie ist außerdem nicht zufrieden mit dem Regelsatz des neuen Bürgergelds. In den 502 Euro für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person seien 42,55 Euro für Energie und Wohninstandhaltung enthalten. "Das ist unrealistisch", erläutert Mürau.

Sie wolle niemand zum Stromverschwenden animieren, aber die Kosten betrügen seit dem Januar durchschnittlich pro Person weit mehr als 50 Euro. Auch über andere im Bürgergeld enthaltenen Pauschalen schüttelt sie den Kopf: zum Beispiel über 1,81 Euro pro Monat für "Bildungswesen".

Wie die KASA hilft

In der Hauptsache informieren die Beraterinnen und Berater der KASA über staatliche Hilfen, unterstützen bei Anträgen, fragen nach Hilfen bei Stiftungen wie "Freude für alle". Seit Dezember haben sie sich zum Bürgergeld und den damit verbundenen Neuerungen fortgebildet, erklärt die Einrichtungsleiterin. Rund 60 persönliche Gesprächstermine vergeben die fünf Mitarbeitenden in der Nürnberger KASA mit zusammengerechnet 105 Arbeitsstunden.

Dazu kommt nach Müraus Angaben noch das Beantworten von Mails und Telefonanrufen. Sie sei froh, dass sie in der Stadt nicht die einzigen seien, die Sozialberatungen machen, sagt Mürau.