Eine Schutzplane, eine Isomatte, ein Schlafsack und die Einsamkeit eines Waldes – mehr braucht es nicht, um sich selbst und Gott zu begegnen. "WildnisNacht - Walkaway" heißt diese Form christlicher Naturspiritualität. Das Format ist eines der ersten buchbaren Angebote auf "geerdetglauben". Mit der neuen Plattform laden Vertreter aus vier Landeskirchen dazu ein, den Glauben auf ganz neue Weise zu entdecken.
Glaube, der nicht nur im Kopf stattfindet
Für die bayerische Landeskirche kümmert sich Pfarrerin Leonie Büchele um das neue Handlungsfeld. "Viele Menschen sehnen sich nach einem Glauben, der nicht nur im Kopf stattfindet, sondern auch durch lebendige Erfahrungen genährt wird", so die Mitarbeiterin im Referat für Spiritualität im Landeskirchenamt in München. Christliche Naturspiritualität ermögliche genau das.
Leonie Büchele selbst erlebt oft, wie die Natur Räume für Gottesbegegnungen eröffnet. Zum Beispiel, wenn sie auf dem Waldboden liegt, die Wolken beobachtet, die würzige Luft einatmet und die Stille genießt. In solchen Momenten überwältigt sie die Erkenntnis, Teil eines großen Ganzen zu sein.
"Wenn diese Erfahrung in mich hineinsinkt, hat das eine transformierende Kraft, weil ich mich verbunden fühle mit Gott als Quelle allen Lebens."
Solche unmittelbaren Naturerlebnisse schenken Sinn, Orientierung und Kraft für den Alltag, davon ist die Theologin überzeugt.
Angebote zu ökologischer Verantwortung geplant
Neben der "WildnisNacht" gibt es auch Veranstaltungen aus den Bereichen Pilgern, Bergspiritualität und Meditation. Die ersten Seminare starten im Frühling. Weitere Angebote mit Fokus auf ökologischer Verantwortung werden folgen. "Mit dem Start der Homepage haben wir uns prozessorientiert auf den Weg gemacht", erklärt Leonie Büchele.
Nun soll das Angebot wachsen und ein Netzwerk entstehen, vorerst beschränkt auf Süddeutschland. Neben Bayern und Baden gehören aktuell auch Vertreter aus den Landeskirchen Württemberg und Pfalz zu "geerdetglauben".
Die Resonanz auf die neue Internet-Plattform sei bislang sehr gut: Aus allen Winkeln Bayerns melden sich bei Leonie Büchele Haupt- und Ehrenamtliche, die schon länger im Bereich christliche Naturspiritualität unterwegs sind. Sie wollen sich mit ihrer Expertise einbringen und/oder sich vernetzen. Jeder soll von jedem lernen.
Naturspiritualität stärken
Es besteht außerdem die Möglichkeit, über "geerdetglauben" ein Zertifikat mit dem Abschluss "Begleiter:in in christlicher Naturspiritualität" zu erwerben. Egal ob mit oder ohne Zertifizierung: Mittelfristig sollen die Mitglieder des Netzwerks als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in den Kirchengemeinden die christliche Naturspiritualität stärken.
Die Angebote von "geerdetglauben" richten sich aber auch an Menschen, die schon lange keine Kirche mehr von innen gesehen haben, die aber nach Spiritualität und Verbundenheit suchen. "So ein meditativer Spaziergang am Sonntagnachmittag holt sie vielleicht eher ab als ein Gottesdienst am Sonntagmorgen", hofft Leonie Büchele. Sie selbst liebt neben der Natur auch die besondere Atmosphäre von alten Kirchenräumen.
"Sie sind ein kostbarer Schatz unserer Glaubensvorfahren", betont die Theologin. Ein "Entweder - Oder" gibt es für sie nicht. Traditionelle Formen von Kirche und christliche Naturspiritualität ergänzen sich ihr zufolge idealerweise – und führen bestenfalls zu einer neuen Tiefe des Glaubens.
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