Liebe Faschingsfeiernden,
jetzt ist Eure Hoch-Zeit. Ich gönne es Euch von Herzen. In den momentanen Zeiten sollte man jede Freude mitnehmen, die man bekommen kann. Ich bin mir sicher, es ist ein Geschenk von Gott, wenn wir fröhlich sind.
Ich habe aber ein paar Bitten an Euch:
- Achtet darauf, dass Eure Witze nicht rassistisch oder sexistisch sind oder sich über Minderheiten lustig machen.
- Selbiges gilt für die Kostümauswahl: Schaut bitte, dass Ihr niemanden damit beleidigt. Nehmt Rücksicht aufeinander und nutzt niemanden aus.
Was Ihr vermutlich alle wisst: Fastnacht und Fasten gehörten ursprünglich zusammen – das zeigen schon die Begriffe. Denn nach der Fastnacht kamen die Fastenwochen der Passionszeit. Ob Ihr nach Fasching eine Partypause einlegen sollt, müsst Ihr selber wissen.
Wegen Gott muss das niemand: Der verlangt das nicht von uns. Aber manchmal bringt Fasten näher zu Gott. Es hilft, sich zu besinnen, in welchen Abhängigkeiten man steckt. Das ist sicher nach den ausgelassenen Faschingstagen nicht das Schlechteste.
Manche Narr*innen beharren darauf: "An Fasching dürfen wir es endlich krachen lassen!"
Mal ehrlich: Wer verbietet es Euch denn, ganzjährig zu feiern und sich zu verkleiden? Nur das Vermummungsverbot ist vielleicht eine Grenze – und möglichweise die eigene Scham. Ansonsten dürfen sich alle jederzeit verkleiden. Den Reiz verstehe ich – auch ich wäre manchmal gern jemand anderes. Wer sich seine Lustigkeit und Wildheit für eine bestimmte Jahreszeit aufhebt, nimmt sich selbst etwas und wirkt verkrampft.
Und vielleicht solltet Ihr mal überlegen, was für Euch der Reiz des Verkleidens ist: Seid Ihr unglücklich mit Eurem Leben, wie es ist? Vielleicht solltet Ihr da einfach etwas ändern? In meiner Heimatstadt gibt es "den Elvis". Der verkleidet sich schon seit vielen Jahrzehnten extravagant, weil er großer Elvis-Fan ist.
Seitdem weiß kaum einer mehr, wie er wirklich heißt. "Der Elvis" ist ein Vorbild, wenn es einen wirklich in eine andere Rolle drängt, diese nicht nur an Fasching anzunehmen. Unsere Zeiten sind inzwischen so liberal, dass sie das ermöglichen.
Helau und Alaaf sind fromm
Übrigens auch Eure Faschingsrufe oft religiös konnotiert: "Helau" ist möglicherweise eigentlich ein frommer Ruf und leitet sich von "Halleluja" ab. Damit sollten früher die bösen Geister des Winters vertrieben werden. Und auch "Alaaf" ist nicht weniger fromm. "Alaaf" kommt vom altkölnischen Begriff "all af", also "alles auf" her. Man soll gewissermaßen zum Kölner Karneval alles andere aufgeben – alles andere als Köln und den Karneval. Gut, das klingt jetzt nicht gerade fromm. Im Zusammenhang mit der anschließenden Fastenzeit passt es dann wieder, alles aufzugeben.
Meine Meinung ist ja: Wer Fasching feiert und über die Stränge schlägt, ohne sich hinterher Zeit für Besinnung und Ruhe zu nehmen, nimmt dem ganzen Treiben ein bisschen den Sinn.
Helau und Alaaf,
Euer
Pfarrer Hannes Schott
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