LUV-Kurs

Was hat mich geprägt? Was ist mein größter Wunsch? Inwiefern kann Spiritualität Tiefe und Kraft ermöglichen? Wie kann meine Lebensreise weitergehen?

Diesen und weiteren Fragen widmet sich der Inspirations-Workshop LUV, der ursprünglich vom Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers konzipiert wurde. Der Titel des Kurses, "LUV", entstammt der Seemannssprache und heißt "dem Wind zugeneigt".

Unter dem Motto "Tiefer ins Leben" leiten die Pfarrerinnen Laura Poirot und Rahel Peirera in der Passionszeit 2024 gemeinsam mit Larissa Launhardt von sonntagsblatt.de, JUST münchen und der kirchlichen Start-up-Initiative Munich Church Refresh eine digitale Ausgabe des erprobten LUV-Formats. 

Mit diesem wöchentlichen Angebot wollen die beiden Pfarrerinnen anderen die Möglichkeit geben, in der Fastenzeit bewusst innezuhalten und tiefer in die eigene Lebensbiografie einzutauchen. Hier berichtet Laura Poirot jede Woche von ihren Erlebnissen rund um den LUV-Kurs.

Kurz vor dem ersten Abend des LUV-Kurses verbrachte ich einige Tage in Frankreich. Ich saß dort mit Freunden zum Essen zusammen. Der Gastgeber schüttete mir Wein ins Glas. Wir stießen an und freuten uns, die nächsten Stunden gemeinsam zu verbringen.

Nach dem ersten Schluck aus dem Glas zuckte ich plötzlich zusammen: Es war "Ascher"-Donnerstag, also der Tag nach Aschermittwoch. Ich hatte meinen diesjährigen Fastenvorsatz schon nach nur einem Tag gebrochen und versehentlich Alkohol getrunken.

Meine innere Enttäuschung war groß.

Als mir mein Gastgeber das zweite Glas Wein nachschenken wollte, klärte ich ihn über meinen diesjährigen Vorsatz auf. Sofort runzelte er die Stirn:

"Warum fastest du denn? Du bist evangelisch! Fasten ist doch katholisch!", entgegnete er mir und füllte mein Weinglas energisch bis zum Rand.

Im Gespräch stellte sich heraus, dass er als reformierter Hugenotte nichts mit dem Fasten anfangen kann. Kirchengeschichtlich ist seine Reaktion für mich nachvollziehbar: vor 500 Jahren läutete der Priester und spätere Reformator Huldrych Zwingli die Reformation in Zürich ein, indem er es guthieß, dass mehrere Männer am ersten Sonntag in der Fastenzeit sich zum Wurstessen trafen und damit das Fasten brachen. Diese Aktion schlug vergleichbare Wellen wie der Thesenanschlag in Wittenberg. 

Auch biografisch gesehen ist es bei meinem Bekannten nachvollziehbar, dass er sich nach den blutigen französischen Religionskriegen seiner Ahnen von allen "katholisch" anmutenden Ritualen wie das Fasten bis heute distanziert.

Fasten: warum eigentlich?

Die Tage danach denke ich darüber nach, warum mir das Fasten eigentlich wichtig ist: Zwar faste ich nicht jedes Jahr. Jedoch gehört die Fastenzeit zu meinem Jahresrhythmus dazu. Mir würde etwas fehlen, wenn es diese 40 Tage im Jahr nicht geben würde: Die Fastenzeit ist eine Zeit für einen Frühjahrsputz – sowohl für das sichtbare als auch für das unsichtbare Leben.

Sie ist eine Auszeit, zu der auch trendige Lebensratgeber immer wieder raten, um das Leben zu entschleunigen und um sich auf das Wesentliche zu reduzieren.

Fastenzeit als Geschenk

Das diesjährige Fasten habe ich nach einem Tag gebrochen, aber die Fastenzeit selbst als solche verstehe ich dennoch als ein Geschenk: Sie ist eine Zeit, um anzuhalten, wahrzunehmen und um sich selbst aufzuräumen. Der LUV-Kurs ist dabei ein schöner Rahmen.

Gemeinsam mit Teilnehmenden aus ganz Deutschland und meiner Kollegin Rahel Pereira verbringe ich so die 40 Tage ganz anders als sonst – nämlich wöchentlich mit einer geschenkten Auszeit von zwei Stunden, um innerlich ein bisschen aufzuräumen.

Beim nächsten Essen werde ich meinem reformierten Freund davon erzählen. Vielleicht ist er ja von dieser Art des Fastens auch begeistert.

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