Mit einer bundesweiten Kampagne wollen die evangelische und katholische Kirche vor der Bundestagswahl für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt in der Gesellschaft werben. Unter dem Motto "Für alle. Mit Herz und Verstand" sollen die Menschen dazu animiert werden, wählen zu gehen, um die Demokratie zu stärken und extremistischen Positionen entgegenzuwirken. Die vorgezogene Bundestagswahl findet am 23. Februar 2025 statt.
Landesbischof Kopp: Mit Herz und Verstand wählen
Auch die bayerische Landeskirche beteiligt sich an der Kampagne:
"Politisch und gesellschaftlich stehen wir vor der großen Aufgabe, viele Lebensbereiche zukunftsorientiert zu gestalten: Zuwanderung, Integration, Sicherheit, Klimawandel, Wirtschaftswandel und soziale Gerechtigkeit", sagte der bayerische Landesbischof Christian Kopp laut Mitteilung. Dafür brauche es eine offene und intensive Auseinandersetzung. "Gerade demokratische Strukturen bieten die besten Voraussetzungen, um für alle zukunftsfähige Antworten zu finden", sagte Kopp:
"Deshalb ist es wichtig, mit Herz und Verstand wählen zu gehen."
Initiatoren der Aktion sind die sächsische evangelische und katholische Kirche. Diese hatten die Kampagne im vergangenen Jahr vor der Landtagswahl entwickelt. Inzwischen haben sich aber zahlreiche evangelische Landeskirchen, Bistümer und kirchliche Verbände angeschlossen, darunter etwa die Landeskirchen aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz.
Von katholischer Seite unterstützen die Bistümer Osnabrück, Würzburg und Trier die Kampagne. Weitere Partner sind Caritas und Diakonie, zahlreiche Akademien, Bildungseinrichtungen, Hochschulen sowie kirchliche Einrichtungen, Werke und Dienste. Das Onlinemagazin "Sonntags" ist Medienpartner der Kampagne.
Start der Kampagne ist am Montag, 6. Januar 2026 in Dresden. Gemeinden und kirchliche Einrichtungen können auf gemeinsame Social-Media-Materialien zurückgreifen und Plakate, Banner, Postkarten, Anstecker nutzen.
Leitlinien der Kampagne "Für Alle"
Für die Kampagne haben sich die Kirchen auf gemeinsame Leitlinien verständigt. Diese umfassen die Themenbereiche: Demokratie, Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt. Wir geben die Leitlinien hier wieder:
Demokratie
- Die Demokratie ist eine wertvolle Form der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung. Sie garantiert die Wahrung der Freiheit, der Würde und der Rechte jedes einzelnen Menschen, indem sie allen Bürgerinnen und Bürgern eine Stimme gibt.
- Die Demokratie in unserem Land ist keine Selbstverständlichkeit, sondern braucht gerade in diesen Zeiten Pflege und Engagement. Demokratie lebt dabei von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
- Wahlen sind ein wesentliches Instrument der Beteiligung und Willensbekundung in einer Demokratie. Leider erleben wir zunehmend, dass die Demokratie in unserem Land in Frage gestellt wird. Dem möchten wir etwas entgegensetzen und mit unserer Initiative das Bewusstsein für den Wert demokratischer Beteiligung stärken.
- Gesellschaftlich stehen wir vor einer Zerreißprobe: Wie kann menschenwürdige Migration gelingen, was dient sozialer Gerechtigkeit und welche Maßnahmen zur Bewahrung der Schöpfung müssen wir ergreifen?
- Kritische Debatten müssen geführt werden. Wir Kirchen möchten in Vorbereitung der Wahlen den Raum dafür zur Verfügung stellen und dazu ermutigen, ins Gespräch miteinander zu kommen und zu bleiben. Dabei sollten wir uns als Menschen mit Achtung und Anstand begegnen.
Menschenwürde
Für uns Christinnen und Christen gründet die Würde eines jeden Menschen in der biblischen Ebenbildlichkeit, die Gott jedem Menschen – gleich welcher Nation, Kultur, Hautfarbe oder sonstigen Wesensmerkmalen – verliehen hat. Alle Menschen sind zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens und in aller Individualität mit derselben Würde ausgestattet. Sie ist universal und unantastbar. Hinter diese Grundüberzeugung dürfen wir nicht zurückfallen.
Nächstenliebe
- Nächstenliebe ist ein Kernbegriff der christlichen Botschaft. Sie nimmt den einzelnen Menschen ebenso in den Blick wie auch seine Mitwelt. Liebe geht über das hinaus, was recht und billig ist. Wenn jeder nur das tut, was unbedingt notwendig ist, dann wird unsere Welt starr und kalt.
- Wir werben mit unserer Initiative um ein "Mehr" für unser gesellschaftliches Miteinander, um die Bereitschaft ein Stück weiterzugehen, als nur bis zur eigenen Haustür. Es braucht den Blick füreinander und den Mut, sich dem Anderen zuzuwenden. Die Nächstenliebe gilt dabei jedem Menschen; niemand ist von ihr ausgenommen.
- Nächstenliebe hat verwandte Begriffe, die sich vielleicht in unserem Alltag leichter greifen lassen: Zuhören, Freundlichkeit, Nachsicht, Mitleid, Demut, Bereitschaft zum Verzicht, Nachbarschaftshilfe…
Zusammenhalt
- Wir spüren eine große Sehnsucht nach Zusammenhalt und Miteinander in unserer Gesellschaft. Dieser Wunsch nach Gemeinschaft macht uns als Menschen aus. Tief in unserem Herzen wissen wir: Niemand kann nur für sich leben. Es braucht die andere oder den anderen. Und wir suchen diese Verbundenheit in Freundschaften und Partnerschaften, in der Familie, mit Gleichgesinnten, in der Religion, in einem Land, als Menschheitsfamilie.
- Schauen wir auf das Verbindende. Uns verbindet als Menschen immer mehr als uns trennt. Lassen wir uns nicht lähmen von dem, worin wir unterschiedlicher Meinung sind. Schauen wir auf das, was uns gelingt. Jeder von uns sollte sich fragen: Was können wir tun, damit wir beieinanderbleiben?
Zentrale Webseite zur Aktion
Zur Kampagne "Für Alle" gibt es eine zentrale Webseite, die unter diesem Link erreicht werden kann.
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Eine wichtige, schöne Aktion…
Eine wichtige, schöne Aktion zur richtigen Zeit! Christsein kann nicht bei Bedarf ein und ausgeschaltet werden. Wenn ich es ernst meine mit dem Christentum, muss ich auch als Bürger die christlichen Werte bei Entscheidungen und eben auch bei Wahlen berücksichtigen. Daran erinnert diese Aktion. Prüfen wir also alles und behalten das Gute - mit Herz und Verstand eben.
Ich fände es besser die…
Ich fände es besser die Kirche würde sich da mehr zurückhalten. Dinge wie Menschenrechte sind Teil der Verfassung und stehen gar nicht zur Wahl. Wir wählen nicht als Christen sondern als Bürger. In der Kirche geht es nicht um den deutschen Politbetrieb so bedeutend der auch sein mag. In einer Zeit wo der Staat unter Legitimationsschwierigkeiten leidet, sollte sich die Kirche nicht dermaßen zum Büttel der herrschenden Verhältnisse machen. Das war immer fragwürdig. Das bedeutet nicht, dass die Kirche nicht für das Recht und die Entrechteten eintreten soll. Tagespolitisches Kleinklein können aber NGOs besser.