Eine Installation in der früheren Münchner Hauptsynagoge in der Reichenbachstraße will über die bewegte Geschichte des Gotteshauses informieren. Denn die Synagoge sei bis 2006 religiöser Mittelpunkt des Münchner Judentums gewesen, sagte die Vorsitzende des Vereins "Synagoge Reichenbachstraße e.V.", Rachel Salamander, im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.
Synagoge kann kurzzeitig besichtigt werden
Ab Mittwoch, dem 13. Oktober, gebe es für Interessierte für einige Wochen die Gelegenheit, die Synagoge, die kurz vor ihrer Sanierung steht, zu besichtigen. Audio- und Filmbeiträge sollen dabei Auskunft geben über die Bau- und Stadtteilgeschichte, kombiniert mit persönlichen Erinnerungen von Zeitzeug*innen, erläuterte Salamander. Die Ausstellung wurde am Dienstag in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert.
Eingeweiht wurde die Synagoge vor 90 Jahren, am 5. September 1931. Die Synagoge sei zwar damals ein imposanter Neubau gewesen, vor dem Hintergrund des aufkeimenden Nationalsozialismus habe man sie aber architektonisch "zurückhaltend und schlicht" gehalten, erläuterte Salamander. Auch habe man auf die sonst für osteuropäische Juden übliche Ornamentik verzichtet. Dafür habe die Synagoge von Farben gelebt: "Es muss ein wahrer Farbenrausch gewesen sein."
Start der Sanierung immer wieder verschoben
Salamander, Publizistin und Buchhandels-Unternehmerin, die 1982 in München die auf jüdische Literatur spezialisierte "Literaturhandlung" gründete, hat sich zur Aufgabe gemacht, die Synagoge zu sanieren - und den Originalzustand von 1931 wiederherzustellen. Dazu gründete sie bereits 2013 den Verein "Synagoge Reichenbachstraße e.V.": Denn ihr habe es nach eigener Aussage einen "Stich versetzt", dass die Synagoge nach der Einweihung der neuen Hauptsynagoge am Jakobsplatz 2006 dem Verfall preisgegeben worden sei.
Der Start der etwa zehn Millionen Euro teuren Sanierung, die zu etwa einem Drittel von Stadt München, Freistaat Bayern und dem Bund finanziert wird, war zuletzt immer wieder verschoben worden. Einen konkreten Sanierungsbeginn gibt es noch nicht - doch Salamander zeigte sich im Sonntagsblatt-Gespräch zuversichtlich: "Die Bauphase steht kurz bevor."
"Ein wahrer Farbenrausch"
Am 5. September 1931 - also vor 90 Jahren - wurde ein imposanter Neubau eingeweiht: die Synagoge im Hinterhof der Münchner Reichenbachstraße 27. Sie sollte vor allem den meist osteuropäischen Zugewanderten der umliegenden Isarvorstadt als jüdisches Gotteshaus dienen. Die "Reichenbachschul" war laut dem Jüdischem Museum neben der liberal-konservativen Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße und der orthodoxen Synagoge in der Herzog-Rudolf-Straße einer von drei großen Synagogenbauten in München und der letzte neu errichtete sakrale Bau Münchens vor 1933.
Gebaut wurde nach den Plänen von Gustav Meyerstein (1889-1975) im Stil der "Neuen Sachlichkeit". Vor dem Hintergrund des aufkeimenden Nationalsozialismus sei die Synagoge "zurückhaltend und schlicht" gewesen, sagt Rachel Salamander, eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Judentums in München und in Deutschland, die 2013 einen Verein zur Sanierung der Synagoge gegründet hat. Auffallend sei aber die Farbgestaltung gewesen: "Es muss ein wahrer Farbenrausch gewesen sein."
1938 wurde die Synagoge während der Reichspogromnacht schwer beschädigt, aber nicht komplett zerstört. Das Feuer, das die Nationalsozialisten gelegt hatten, musste schnell wieder gelöscht werden, um zu verhindern, dass das Feuer auf die Nachbargebäude übergeht. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde die Synagoge beschädigt. Ab 1947 diente sie den in München verbliebenen Jüdinnen und Juden, meist osteuropäischen Holocaust-Überlebenden, wieder als Hauptsynagoge. Sie wurde in der Nachkriegszeit zwar immer wieder instand gesetzt, aber nie komplett saniert.
Bis 2006 blieb sie Münchner Hauptsynagoge, bis sie von Ohel Jakob am Jakobsplatz in dieser Funktion abgelöst wurde. Das Gebäude in der Reichenbachstraße sei dann zusehends in Vergessenheit geraten, obwohl es über Jahrzehnte religiöser Mittelpunkt des Münchner Judentums gewesen sei, bedauert Rachel Salamander. Als sie das verfallene Gotteshaus gesehen habe, habe es ihr "einen Stich" versetzt. Daraufhin gründete sie zusammen mit dem Anwalt Ron C. Jakubowicz den Verein "Synagoge Reichenbachstraße e. V.". Ihr Ziel: die Synagoge wieder in den Originalzustand von 1931 zu versetzen.