Der bayerische DGB-Chef Bernhard Stiedl fordert von den christlichen Kirchen eine freiwillige Abkehr vom sogenannten Dritten Weg. "Die Kirchen sollten da ein bisschen mutiger sein", sagte Stiedl dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf den "Tag der Arbeit" am 1. Mai.

DGB: Praxis der Kirche nicht mehr zeitgemäß

Zwar hätten die Kirchen ein von der Verfassung garantiertes Selbstbestimmungsrecht, wozu eben auch gehöre, die Arbeitsbedingungen und Vergütung in mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzten Kommissionen zu regeln.

"Aber wir als Gewerkschaften denken, dass diese Praxis nicht mehr zeitgemäß ist", erläuterte er.

Stiedl stellte klar, dass Kundgebungen am 1. Mai auch in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig sind: "Zum einen ist der Fachkräftemangel nicht branchenübergreifend und flächendeckend."

Zum anderen betreffe die gute Lage nur Fachkräfte. Es gebe aber Hunderttausende Menschen in prekärer Beschäftigung, die für wenig Geld arbeiteten.

"Mit der sozialen Gerechtigkeit ist es längst nicht so weit her, dass es keine Gewerkschaften oder Kundgebungen am 'Tag der Arbeit' mehr bräuchte",

sagte Stiedl: Die aktuellen Tarifabschlüsse deckten oft nicht mal die Inflationsrate ab, auch das Steuersystem in Deutschland sei ungerecht.

Zentrale DGB-Forderung: Energiewende umsetzen

Eine zentrale Forderung der DGB-Gewerkschaften zum 1. Mai an die Politik sei, die Energiewende endlich mit der nötigen Konsequenz umzusetzen. "Entgegen mancher Politiker-Aussagen wird die Energiewende hin zu Erneuerbaren aus Wasser, Wind und Sonne mittelfristig nicht zu teureren Strompreisen führen, das Gegenteil ist der Fall", sagte Stiedl.

Es gebe "keine billigere Energie" als die aus erneuerbaren Quellen. Zudem fordert er von der Politik Maßnahmen, die Tarifflucht der Unternehmen in Deutschland zu begrenzen. Aktuell seien nur noch etwa die Hälfte aller Arbeitnehmer in Bayern in einem tarifgebundenen Betrieb beschäftigt.

Relevanzverlust der Gewerkschaften

Dass die Gewerkschaften mit sinkenden Mitgliederzahlen und demnach auch mit einem Relevanzverlust zu kämpfen haben, wies Stiedl zurück:

"Wenn man es historisch betrachtet, dann haben wir Mitglieder verloren."

Wenn man allerdings auf die vergangenen zehn, fünfzehn Jahre blicke, fänden immer häufiger vor allem junge Menschen wieder den Weg in die Gewerkschaften: "Denn die jungen Menschen sehen, dass sie zusammen in der Gewerkschaft ihre Interessen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer viel besser vertreten können als alleine", erläuterte er.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden