Mehrere massive Stahltüren musste der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm vor seinem Weihnachtsgottesdienst in dem Jugendgefängnis in Neuburg a.D. überwinden. Zusammen mit 60 jungen Männern, rund ein Drittel davon Muslime, feierte der Bischof eine Andacht an Heiligabend in der Kapelle der Justizvollzugsanstalt.

So ungewöhnlich wie der Anmarschweg, bei dem ein uninformierter Beamter jeden einzelnen Gottesdienstbesucher von Außen begleitete, gestaltete sich das Krippenspiel. Denn die Gottesmutter Maria wie auch der Engel wurden von jungen Männern verkörpert. Neben den traditionellen Weihnachtsliedern wiesen zwei junge Gefangene in einem Weihnachts-Rap auf ihre Situation hin: "Wenn es gut läuft, sind wir bald draußen", und keine Mutter sollte wegen ihrer Kinder weinen müssen.

Predigt im Gefängnis

In seiner Predigt zeigte sich der Bischof, der bisher immer an Heiligabend eine soziale Einrichtung besucht hatte, sichtlich angerührt von den Darbietungen der jungen Gefangenen. Er könne sich ihre Gedanken gut vorstellen - Schuldgefühle, die Sehnsucht, bald wieder in Freiheit zu kommen, oder die Trauer, diesen Tag ohne Freunde und Angehörige begehen zu müssen, sagte der Bischof. Deshalb sei ein Gefängnis genau der richtige Ort, um Weihnachten zu feiern. Denn der an diesem Tag geborene Jesus Christus selbst habe sich mit Gefangenen solidarisiert und stehe an ihrer Seite.

Die Weihnachtsgeschichte, die um die ganze Welt gelaufen sei, sei nicht wie zu erwarten von Prominenten oder Fernsehmoderatoren verbreitet worden, sondern von armen Hirten, die wie die Gefangenen ausgestoßen gewesen seien und außerhalb der Gesellschaft gelebt hätten. Durch die Weihnachtsgeschichte habe Gott mit seiner "bedingungslosen Liebe" eine Zukunft für alle Menschen eröffnet - egal welche Fehler sie haben.

Holzkreuz für Gefangene

Zum Abschluss des Gottesdienstes überreichte Bedford-Strohm jedem Gefangenen ein kleines Holzkreuz. Dieses Kreuz sollten sie in die Hand nehmen, wenn es ihnen in der Haft schlechtgehe, um so inneren Frieden zu finden und die von Gott gegebene Zukunft und Perspektive für jedes Leben zu spüren. Auf einer von ihm signierten Karte gab der Bischof den jungen Gefangenen als Wunsch "Viel Weihnachtskraft für 2020!" auf den Weg ins neue Jahr mit. 

In der Justizvollzugsanstalt sind 156 Junge Männer inhaftiert. Im Vordergrund stehe die Resozialisierung, wie Ernst Meier-Lämmermann, der Leiter der Haftanstalt, erläuterte. Deshalb erhielten die meisten der jungen Gefangenen eine handwerkliche Ausbildung oder würden in einer Schule mit sieben Klassenzimmer Unterricht. Für Schule und Ausbildung gebe es unter dem Personal der Justizvollzugsanstalt auch 18 Handwerksmeister und fünf Lehrkräfte. Innerhalb der Haftanstalt leben die Jugendlichen in Wohngruppen.